Schwarzer Peter für die Union

Gewerkschaften und Menschenrechtler geben CDU/CSU die Schuld am Ausstieg der Grünen aus den Verhandlungen über das Zuwanderungsgesetz. Wirtschaftsverbände fordern, die Verhandlungen fortzusetzen. Kirchen hoffen weiter auf Verständigung

BERLIN taz ■ Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen machen CDU und CSU für das Scheitern der Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz verantwortlich. „Diese gesellschaftliche Katastrophe haben wir nun wahrlich der Union zu verdanken“, sagte Heinz Putzhammer, Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) der taz.

Pro Asyl und amnesty international sahen die Schuld „in der Blockadehaltung der Union“. Der Amnesty-Flüchtlingsexperte Wolfgang Grenz sagte, es sei besser, es gebe kein Gesetz als die von der Union geforderte Sicherungshaft für verdächtigte Ausländer. Putzhammer forderte alle gesellschaftlichen Gruppen auf, Druck auf die Union zu machen: „Kirchen und andere Organisationen müssen das thematisieren“, sagte Putzhammer.

Am Montag waren die Grünen aus den Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz ausgestiegen. Grund ist unter anderem der Streit mit der Union um Sicherheitsfragen bei den Hürden für die Zuwanderung, das vereinfachte Abschieben von Schleusern und religiösen Hetzern. Grünen-Chefin Angelika Beer forderte die Union auf, ihre Forderungen bis zum Freitag zurückzunehmen. Sonst würden die Grünen endgültig aus den Verhandlungen austeigen. Der grüne Innenexperte Volker Beck sagte der taz, dass die Regierung „bei besonderer terroristischer Gefahr hinsichtlich der Abschiebungsordnung auch ohne Zuwanderungsgesetz handeln“ werde.

Trotz der Gegensätze forderte die katholische Kirche die Union und die Grünen auf, weiter zu verhandeln. „Wir hoffen weiter auf eine Verständigung“, sagte eine Sprecherin der Bischofskonferenz der taz. Auch in der evangelischen Kirche sieht man die Verhandlungen noch nicht gescheitert. Deshalb werde man sich derzeit nicht äußern, sondern zunächst die Koalitionsrunde am Wochenende abwarten, hieß es beim Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands.

Auch Exbundespräsident Richard von Weizsäcker forderte sowohl die Union als auch die Grünen auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Zwischen Idealisten und Populisten ist eine pragmatische Einigung dringend notwendig“, sagte Weizsäcker dem Berliner Tagesspiegel.

Wirtschaftsvertreter werteten ein mögliches Aus für das Zuwanderungsgesetz als fatal. „Ein endgültiges Scheitern des Zuwanderungsgesetzes wäre ein Trauerspiel für Deutschland“, sagte Ludwig Braun, Präsident der Deutschen Industrie und Handelskammer DIHK der taz. „Wir brauchen dringend ein modernes Zuwanderungsgesetz, damit wir den Herausforderungen von morgen gewachsen sind“, sagte Braun weiter.

Braun will, dass qualifizierte Ausländer in Deutschland leichter Arbeit finden, weil die Wirtschaft auf diese angewiesen sei. Beim Bundesverband der Deutschen Industrie wollte man sich trotz gleich lautender Forderungen nicht zum Streit um die Zuwanderung äußern. Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel jedoch meinte, „die SPD solle sich im Bundestag eine Mehrheit im Parlament suchen“, wenn die Grünen nicht mehr mitmachen. DAS