EU-Gelder für verbotene Forschung

Obwohl die Embryonenforschung in einigen Mitgliedstaaten verboten ist, will die EU-Kommission sie finanzieren

BERLIN taz ■ Die umstrittene Gewinnung von embryonalen Stammzellen soll künftig auch mit finanziellen Mitteln der Europäischen Union gefördert werden. Das sieht ein vorab bekannt gewordener Gesetzesentwurf der EU-Kommission vor, der der taz vorliegt. Sollte sich die Forschungsabteilung in der EU-Kommission mit ihrem Vorhaben durchsetzen, würden „künftig auch mit deutschen Steuergeldern Experimente an menschlichen Embryonen gefördert, obwohl diese in Deutschland unter Strafe stehen“, kritisiert die Grünen-Europaabgeordnete Hiltrud Breyer.

Der Streit über die EU-Finanzierung der verbrauchenden Embryonenforschung schwelt schon seit längerem. So konnte das derzeit laufende Forschungsförderungsprogramm der EU im vergangenen Jahr nur mit dem Kompromiss verabschiedet werden, dass bis Ende 2003 keine Gelder für die Gewinnung von embryonalen Stammzellen zur Verfügung gestellt werden. Lediglich die Forschung mit bereits kultivierten Stammzellen sollte unterstützt werden. Die EU-Kommission war aufgefordert worden, dem Ministerrat und dem Europaparlament einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, in dem geregelt wird, wie nach Beendigung des Finanzierungsmoratoriums vorzugehen sei.

Nach dem jetzt bekannt gewordenen Entwurf sollen künftig auch Forschungsprojekte finanziert werden, die so genannte „überzählige“ Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen nutzen. Der Kommissionsvorschlag „degradiere“ damit jeden menschlichen Embryo, der zum Zwecke der künstlichen Befruchtung gezeugt wurde, zum „Forschungsmaterial“, erklärte Breyer. Nach den Vorstellungen der Kommission soll nur die Herstellung von Embryonen eigens für die Forschung nicht als förderunswürdig eingestuft werden.

Schon vorab verteidigte die EU-Kommission ihren Kriterienkatalog. Es gehe hier lediglich um die Finanzierungsleitlinie auf EU-Ebene, hieß es. „Für ethische Fragen sind die Mitgliedstaaten zuständig“, betonte der für Forschung zuständige EU-Kommissar Philippe Busquin. So gebe es in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen für die Forschung an embryonalen Stammzellen. In Finnland, Niederlande, Schweden und Großbritannien dürfen „überzählige“ Embryonen genutzt werden. In anderen Ländern wie etwa Deutschland und Österreich ist diese Forschung verboten. Nun sollen sie bezahlen für die ihrer Meinung nach kriminellen Forschunsgsprojekte.

WOLFGANG LÖHR