Chiptechnologie mit Diskussionsbedarf

Das Handelsblatt veranstaltet eine Tagung, auf der über die Zukunft von Identifikationschips diskutiert wird

DÜSSELDORF taz ■ Wenn das Handelsblatt eine Tagung veranstaltet, darf niemand erwarten, dass es der wirtschaft gegenüber besonders kritisch zugeht. So auch im Falle der Tagung „RFID. Radio Frequenzy Identification“, die am Montag und Dienstag im Düsseldorfer Hilton Hotel stattfand.

Kritiker, die diese Produktkennungen „Schnüffelchips“ nennen, waren nicht eingeladen. Die Tagung sollte die Möglichkeiten der Chips, die für weltweit einmalige Identifikation aller Produkte sorgt, ausloten. Unterstützer der Funkchip-Technologie erhoffen sich verbesserte Warenlogistik, Kritiker warnen vor Überwachung, da durch die Chips, die kleiner sind als ein Stecknadelkopf und keine eigene Stromversorgung brauchen, im Verbund mit Kunden- oder Kreditkarte sich jeder persönlich identifizieren lasse, wenn irgendwo ein RFID-Scanner stehe.

Daher hat der Chaos Computer Club (CCC) zusammen mit den Aktivisten vom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V. (FoeBuD) am Dienstag vor dem Hilton Hotel gegen den uneingeschränkten Einsatz der Technik demonstriert. Auch wenn die Teilnehmerzahl der Demonstration nicht gerade groß gewesen sei, sei die Veranstaltung sehr angenehm gewesen, sagt Lars Weiler vom CCC.

Von den Teilnehmern seien sehr gemischte Reaktionen gekommen, „obwohl wir auch als technikfeindliche Linke, die nur die Wirtschaft schädigen wollen, bezeichnet worden sind“, sagt Weiler. Aber die Überwachungsgegner sind nicht die Einzigen, die die Kontrolle der Chips fordern. Lorenz Hilty, Leiter der Abteilung „Technologie und Gesellschaft“ der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt aus der Schweiz wies in seinem Vortrag auf der Konferenz auf die Allgegenwärtigkeit der Chips hin. 98 Prozent aller Mikroprozessoren seien heutzutage unsichtbar für ihre Benutzer, sagte Hilty. „In zehn Jahren werden eine Milliarde Menschen 1.000 ‚smart objects‘ pro Person benutzen“, sagte Hilty. Damit entsteht neben dem Überwachungs- auch ein Müllproblem.

Da die ‚smart objects‘ genannten RFID-Chips fast unsichtbar sind, wandern sie in den Hausmüll und lassen nach Schätzungen 20 Megatonnen an Elektroschrott entstehen. Für Wirtschaftsminister Schartau (SPD) war die Perspektive der Technologie ein Grund, an der Diskussion als Podiumsmitglied teilzunehmen. Rudolf Deckert vom Wirtschaftsministerium betont den Wert der Technologie für den Standort Nordrhein-Westfalen. „Diese Spitzentechnologie ist gerade für NRW als Logistikstandort interessant.“ Allerdings müsse die Privatsphäre geachtet werden. „Wir dürfen damit nicht in die Intimsphäre des Kunden eingreifen.“ ELMAR KOK