Lotto, Lothar, Lambo

Lothar Kuzydlowski war vielleicht der ärmste Millionär aller Zeiten. Fünf Jahre nach dem Tod von „Lotto-Lothar“ streiten sich seine Witwe und seine Ex-Freundin heute erneut vor Gericht um sein Erbe

Aus HannoverKai Schöneberg

Die drei großen „L“ auf seiner Halskette standen für Lotto, Lothar und Lambo. Lothar Kuzydlowski war vielleicht der ärmste Millionär aller Zeiten. Heute geht es im Oberlandesgericht Braunschweig erneut um den Fall des Sozialhilfeempfängers mit dem unverschämten Glück – und mal wieder darum, dass Geld wohl doch nicht glücklich macht. Die Ex-Frau des legendären Millionärs-Proleten geht in die Berufung, weil sie sich um den Pflichtteil von Lothars Erbe betrogen sieht. Es geht um Hybris und Häme. Es geht wahrscheinlich um Hunderttausende Euro.

Zum Schluss mied er die Spielbank in Hannover wie auch ganz Amerika, denn „Amerika, das ist für mich Las Vegas, und da verspiel ich alles“, hatte Kuzydlowski damals zum Spiegel gesagt. Vor genau zehn Jahren hatte der Sozialhilfeempfänger aus Hannover den Jackpot von Karin Tietze-Ludwig geknackt: Sechs Richtige, 3,9 Millionen Mark.

Weil das in alle Klischees der Welt passt – und eben auch, weil Lothar nicht aufpasste –, hievte ihn die Bild nach dem Lotto-Jubel quasi täglich auf dem Titel: „Lotto-Lothar verschenkt erstes Geld“, Lotto-Lothar bei Orgien auf Malle, Jamaika oder woanders, Lothar kauft sich drei Pferde und einen roten Lamborghini („Lambo“). Lothar verliert den Führerschein wegen 1,54 Promille. Lothars Frau schenkt Kuzydlowski zum 50.Geburtstag einen Auftritt der Hamburger Country-Band Truck Stop – für 25.000 Mark. Und und und.

Die Bild feierte ihn ab wie nix Gutes. Zwei Wochen dauerte die tagtägliche Lotto-Lothar-Party, dann hatte Kuzydlowski, der ewig Arbeitslose aus Hannover-Kleefeld, der bis zum Schluss nur „Lindener Spezial“ trank, genug von der Journaille und haute mit Frau und Tochter im VW-Bus in Richtung Dänemark ab. Doch die Medien ließen nie wirklich locker. Natürlich waren sie bei Kuzydlowskis Tod vor fünf Jahren mit dabei. Kuzydlowski starb mit 53.

Auch heute wird das Interesse wieder groß sein. Kuzydlowskis Frau streitet nämlich mit dessen letzter Freundin, einer ehemaligen Barfrau aus Peine, die Lothar am Ende kennengelernt hatte, um den Rest der Millionen. Schon vor einem Jahr hatte das Landgericht der Freundin, die der Millionär als Haupterbin bestimmt hatte, den Nachlass zugesprochen. Gegen dieses Urteil legte die Witwe allerdings Berufung ein.

Wenige Wochen vor seinem Tod hatte „Lotto-Lothar“ – ebenso wie seine Frau - die Scheidung eingereicht. Damit sei die Ehefrau von der Erbfolge ausgeschlossen, hatte der Richter sein Urteil im vergangenen Jahr begründet. Den Beteuerungen der Ehefrau, sie hätte sich mit ihrem Mann wieder ausgesöhnt und beide wollten die Scheidungsanträge zurückziehen, mochte das Gericht damals nicht folgen. Die Ehe sei „zerrüttet“ gewesen und hätte durch das „anstößige Verhalten“, insbesondere durch den Alkoholkonsum des Lotto-Millionärs, keine Chance mehr gehabt. „Die Ehe wäre geschieden worden, damit ist die Ehefrau von der Erbfolge ausgeschlossen“, sagte Zivilrichter Klaus Rehbein bei der Urteilsbegründung. Somit habe die Ehefrau auf den Pflichtteil in Höhe von 25 Prozent des Erbes keinen Anspruch. Nur wenn die ehemalige Barfrau den Prozess verloren hätte, hätte sie die Höhe des Erbes offen legen müssen. Schon bald nach der Verkündung des Urteils hatte der Rechtsanwalt der Ehefrau nicht ausgeschlossen, in Berufung zu gehen. „Es sind nicht alle Beweismöglichkeiten ausgeschöpft worden“, sagte er, Zeugen seien nicht gehört worden.

Kuzydlowski habe die Frau aus Peine nach der Scheidung heiraten wollen, hatte Lothars Mutter damals vor Gericht ausgesagt. Und, dass Kuzydlowski seine Frau mit Lothars besten Freund im Bett erwischt habe. Zu diesem soll sie dann später auch gezogen sein. Die Ehefrau selbst beteuerte hingegen, sie sei im Oktober 1998 aus Sorge um ihre Tochter ausgezogen und habe zufällig im selben Haus wie Lothars Freund eine Wohnung gefunden. Ein Paar seien sie erst danach geworden.

„Lothar ist oft voll wie ein Amtmann nachts nach Hause gekommen und hat uns tyrannisiert“, hatte die Witwe vor Gericht gesagt. Dennoch hätten sie sich wieder versöhnt: „Ich habe seine Wäsche gewaschen und dann war alles wieder gut“.