Not about money – it‘s about mind

Bremens Überseestadt ist kein Einzelfall: In ganz Europa veröden die alten Hafengebiete und wollen neu belebt werden. Im Speicher XI tagen Fachleute aus ganz Europa und erzählen, wie‘s gehen könnte. Und welche Fehler sich vermeiden lassen

Bremen taz ■ Erlesene Schlichtheit in Glas und Metall kontrastriert mit alten Backsteinen, den Horizont begrenzt die rauchige Silhouette der Stahlwerke und bei den Pappeln am anderen Ende, deren Rauschen im Wind fast zu erahnen ist, da fließt irgendwo der Fluss. Nur direkt vor den Fenstern von Speicher XI, im Herzstück der Überseestadt, zu der die alten Hafenreviere werden sollen, da versperrt schnödes Wellblech den Blick. Der Großmarkt. „Wenn ich jetzt hier rausgucke, kann man zumindest mal fragen, ob es klug war, den Großmarkt hier unterzubringen“, sagt Günter Warsewa und deutet auf die Metallfront gegenüber. Die Antwort lässt er offen, die ist eh‘ klar.

Aber das Schöne nicht nur an Bremen ist, dass man hinterher ja immer klüger undsoweiter. Genau darum geht es noch heute und morgen im Speicher XI, wo Europas Haute Volée der Hafencity-Erbauer zusammenkommen ist, um sich auszutauschen. Das Lernen aus den Fehlern ist aber nur die eine Seite der Angelegenheit – und bei genauerem Nachfragen will den Fachleuten, die der Soziologe Günter Warsewa vom Institut Arbeit und Wirtschaft zusammengetrommelt hat, auch gar kein Fehler einfallen. Sie kommen aus Bilbao, aus Southampton, aus Triest oder Taranto, aus Cherbourg, aus Riga, Gdansk, Haifa – und eben auch Bremen.

Alles Städte mit Häfen, alle mit gleichen Problemen: die Schiffe werden größer, die Häfen am Meer wichtiger, die alten Reviere veröden. Die einen haben sich schon auf den Weg gemacht, die riesigen Flächen neu zu beleben, so Bilbao, die anderen stehen noch ganz am Anfang. Dazu zählen die osteuropäischen Städte und dazu zählt auch Bremen.

Bremen ist Teil eines Europa-weiten Projekts namens New Epoc. Das heißt ausgeschrieben „Renewing economic prosperity for port cities“, und Bremen ist „wohl zur Zeit Europas größtes städtebauliches Projekt“, so formulieren es die hiesigen Veranstalter. Mit dem im vergangenen Jahr beschlossenen Masterplan, der 300 Hektar umfasst, mag das stimmen – aber realisiert ist allenfalls ein winziger Anfang. Auch da, findet Günter Warsewa, könne man weiter sein: „Es ist lange Zeit verloren worden dadurch, dass die politische Diskussion immer hin und her ging.“

Die Tagung soll Impulse geben, begonnen mit der Frage, wie die Flächen am besten zu vermarkten seien, bis hin zu Diskussionen darüber, wie die Reviere genutzt werden sollen, welchen Platz die ehemaligen Hafenarbeiter in den neuen Strukturen haben. Im kommenden Jahr sollen Architekten und Stadtplaner aus den Epoc-Städten nach Bremen kommen und in einem Wettbewerb die Überseestadt gestalten. Von „der Weser als Milieugeber“ sprach gestern Senatsbaudirektor Uwe Bodemann, davon, dass es „nicht ein einheitliches Nutzungslayout“ geben solle, sondern eine gute Mischung.

Heute besuchen die Hafencity-Experten den Space Park. Ob der auch ein Fehler war, wollten Journalisten gestern von Bodemann wissen. Es sei ein „bisschen früh“, so der Senatsbaudirektor, „jetzt abschließend Einschätzungen vorzunehmen.“

Es geht in diesen drei Tagen, in denen Stadtplaner, Architekten und Verwaltungsfachleute zusammen sind, auch nicht um fehlende Investoren. „It‘s not about money“, sagte die Britin Sue Mullan, die Southampton vertritt, „it‘s about mind“. sgi