Neuorientierung der Walfänger

Internationale Walfangkommission kümmert sich ab sofort auch um den Schutz der Meeressäuger – trotz der Blockade von Japan. Bundesregierung: „großer Erfolg“. Die Delegierten kamen über politische Willenserklärungen aber nicht hinaus

aus Berlin HANNA GERSMANN

Wale dürfen sich künftig ein wenig sicherer fühlen: Die Internationale Walfangkommission (IWC) hat sich bei ihrem Jahrestreffen in Berlin zum ersten Mal darauf verständigt, nicht nur den wirtschaftlichen Walfang zu verbieten, sondern die Riesen der Ozeane auch vor anderen Gefährdungen zu schützen. Das ist ein „großer Erfolg“, sagte Mathias Berninger, Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, gestern zum Abschluss der Konferenz. Vier Tage lang lieferten sich Walfänger und ihre Gegner einen Schlagabtausch. Das Resultat finden auch Umweltschützer „wegweisend“.

„Die Walfangkommission hat den ersten wichtigen Schritt hin zu einer Walschutzkommission gemacht“, sagt Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack. Und meint die beschlossene Berliner Initiative, die wohl wichtigste Resolution des 55. Jahrestreffens. Mit ihr haben sich Deutschland und weitere 17 Staaten das Ziel gesetzt, den Walschutz über das Fangverbot hinaus auszudehnen. Zunächst soll ein Ausschuss prüfen, wie Wale vor dem Tod im Netz, dem Unterwasserlärm oder von Chemikalien geschützt werden können. Die Ergebnisse allerdings bleiben unverbindlich. Walfangnationen wie Norwegen und Japan, die die Berliner Initiative zunächst ganz von der Tagesordnung kippen wollten, gaben prompt bekannt, die Experten nicht zu unterstützen.

Norwegen hält sich schlicht nicht an das seit 1986 bestehende Walfangverbot, Japan umgeht es unter dem Deckmantel der Wissenschaft. Auch Island will jetzt in den wissenschaftlichen Walfang einsteigen. Dementsprechend wichtig werteten gestern Walschützer die Verabschiedung zweier weiterer Resolutionen: Die eine, von Deutschland eingereicht, erteilt dem Vorhaben Rejkjaviks eine Absage, die andere, von Australien initiiert, dem Wissenschaftsprogramm der Japaner in der Antarktis. Allerdings: Japan und Island scheren sich wenig um die rechtlich nicht bindende Resolution. Die japanische Regierung teilte sofort mit, das Programm trotzdem zu starten. Island hat sich offiziell noch nicht entschieden.

Gestern Morgen zog Italien seine Resolution zur Minimierung der Beifänge überraschend zurück – eine im Vergleich zur Harpune viel größere Gefahr für Wale und Delfine: 300.000 sterben nach Angaben des World Wide Fund (WWF) pro Jahr, weil sie sich in den riesigen Treibnetzen der Fischer verheddern und ertrinken. Dabei erkennen die IWC-Mitglieder den Beifang als zentrale Bedrohung an. So steht es zumindest in der Berliner Initiative. „Für die weitergehende italienische Resolution konnte man sich einfach nicht auf den Text einigen“, erläutert Volker Homes vom WWF.

Greenpeace übte auf seine Art Kritik. Als die Delegierten gestern abreisen wollten, erwartete sie ein unappetitlicher Anblick: Die Walschützer hatten drei tote Schweinswale aus der Ostsee angeschleppt, ertrunken – wie 7.000 andere pro Jahr – in den Stellnetzen dänischer Fischer. Der Appell: Walschutzländer der Welt, redet nicht nur, stellt für den Schutz der Meeressäuger endlich Geld zur Verfügung!