Der Metzgermeister bleibt auf dem Weg

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft versagt gegen die Schweiz gleich mehrfach in Überzahl, verliert schließlich 0:1 und scheidet bei der Weltmeisterschaft in Tschechien erstmals seit vier Jahren vor dem Viertelfinale aus

PRAG taz ■ Woran wird man einen deutschen Eishockey-Nationalspieler im Sommer erkennen können? Nun, ganz einfach: Wenn man zufällig, zum Beispiel irgendwo am Mittelmeer, eine Gruppe von Strandfußballern sieht, die permanent mit fünf Mann gegen drei spielen, dann wird einer der Kicker vermutlich der emsige Jan Benda sein. „Wir müssen unbedingt noch mehr an unserem Überzahlspiel arbeiten. Und zwar auch individuell im Sommer“, forderte der 32-jährige Verteidiger, nachdem die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Prag ihr letztes Zwischenrundenspiel gegen die Schweiz mit 0:1 verloren hatte und damit ausgeschieden war.

Die deutsche Auswahl hatte wieder einmal engagiert gekämpft – und sie hatte wieder einmal aus etlichen Überzahlsituationen nichts gemacht. Es ist eine Seuche, die sich durch das ganze WM-Turnier zog. Nur ein Treffer im Powerplay gelang den Deutschen (beim 1:1 gegen Lettland) – bezeichnenderweise im Spiel fünf gegen drei. „Wenn man international mithalten will, dann darf so etwas nicht passieren“, findet Benda – und hat damit unumstößlich Recht. Die Folgen des Versagens in Überzahl sind einigermaßen bitter: Zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg in die A-Gruppe vor vier Jahren hat die von Metzgermeister Hans Zach trainierte Mannschaft das WM-Viertelfinale verpasst.

Das machte alle deutschen Spieler angemessen traurig, aber auch gesprächig. Und gemeinsam gingen sie auf die Suche nach Gründen für das Versagen. Da war das Powerplay, natürlich. Und sonst? „Vielleicht“, sagte Stefan Ustorf, „hat es daran gelegen, dass wir uns zu sehr daran gewöhnt haben, immer ins Viertelfinale zu kommen.“ Der Kapitän sprach weise: Zu viel Gewohnheit kann ja träge machen.

Und tatsächlich war die deutsche Mannschaft beim Weltturnier in Tschechien zu keinem Zeitpunkt so richtig ins Rollen gekommen. Es gab ein mühsames 4:2 gegen Kasachstan, ein krampfiges 1:1 gegen Lettland und ein ordentliches 3:1 über Österreich – und dazu frustrierende Eishockey-Lehrstunden beim 1:5 gegen Tschechien sowie beim 1:6 gegen Kanada. Die deutsche Mannschaft, so muss man wohl bilanzierend feststellen, hatte kein Glück, wenig Esprit – und wirkte bei weitem nicht so homogen und geschlossen wie noch im vergangenen Jahr in Finnland.

Es gab überhaupt Abstimmungsschwierigkeiten, auch außerhalb der Eisfläche, obwohl sich der Bundestrainer nach dem Aus gewohnt unbeirrbar gab. „Mich bringt niemand auch nur einen Millimeter von meinem Weg ab“, stellte Zach, der nun nicht unbedingt für schonungslose Selbstkritik berühmt ist, fest. Als es schließlich um die deutsche Powerplay-Schwäche ging, wusste aber auch der Tölzer nicht so richtig weiter. Es gebe in der Nationalmannschaft kaum Spieler, die in ihren Klubs im Überzahlspiel zum Einsatz kämen, behauptete er, was eher einer Ausflucht denn einer Tatsache gleichkam. Spieler Ustorf jedenfalls sah das anders. „Wir spielen alle im Verein Powerplay“, sagte er. Wurde es vielleicht nicht genug trainiert? Auch hier gab es unterschiedliche Aussagen, die zwischen „Wir haben es schon trainiert, aber nicht so oft“ (Ustorf) und „sehr wenig“ (Benda) schwankten.

Einigkeit herrschte dagegen in einem Punkt. „Nur weil wir gegen die Schweiz verloren haben, sind die deutschen Spieler nicht über Nacht schlechter geworden“, sprach Ustorf erneut weise. Die deutsche Mannschaft werde deshalb nicht alles über den Haufen werfen – und an ihrem defensiven Spielsystem festhalten. „Wir müssen es nur besser spielen“, forderte Benda. Und Zach, dessen Vertrag in diesem Jahr ausläuft, wird wohl – trotz des schlechten Powerplays – Bundestrainer bleiben. „Ich gehe davon aus, dass wir uns einigen“, sagte DEB-Präsident Hans-Ulrich Esken. Einen besserern als Zach dürfte er für den Job ohnehin nicht finden.

Wie auch immer: Deutschland schließt das Turnier auf dem neunten Platz ab, was voraussichtlich zur Qualifikation für Olympia 2006 ausreichen wird. Und außerdem wird das Powerplay ja nun auch im Sommer am Strand trainiert.

CHRISTIANE MITATSELIS