DIE EU MUSS DAS ASYLRECHT ERHALTEN – UND EINWANDERUNG REGELN
: Gegen nationale Engstirnigkeiten

Die Nichtregierungsorganisationen trafen sich gestern in Brüssel, um in der „Global Marshall Plan Initiative“ darüber nachzudenken, wie die Globalisierungsfolgen für arme Länder abgemildert werden können. Die EU-Kommission berichtete gestern in Brüssel, wie verfeinerte Datensysteme dafür sorgen, dass die Globalisierungsopfer nicht mehr auf dem Asylticket nach Schengenland gelangen können.

Auf den ersten Blick wirkt die Feststellung zynisch, das neue Fingerabdruck-System Eurodac habe seine Investitionskosten schon nach einem Jahr durch gesparte Sozialausgaben wieder eingefahren. Die kalte Sprache der Wirtschaftlichkeit wird dem menschlichen Drama, das sich jede Nacht an den EU-Außengrenzen abspielt, nicht gerecht. Doch die buchhalterische Betrachtung hilft, das dahinter steckende Problem klarer zu sehen. Es liegt im europäischen Interesse, das Asylrecht zu erhalten und die dabei entstehenden Belastungen auf alle Schengenstaaten zu verteilen. Nicht die Hartnäckigsten sollen in Europa Unterschlupf finden, sondern die politisch Bedrängten.

Für die Opfer der Globalisierung ist das Asylverfahren der falsche Weg. Nur eine einheitliche Einwanderungsgesetzgebung kann nationale Engstirnigkeiten wie die deutschen Zuwanderungsregelungen beseitigen. Außerdem muss die EU eine Handels- und Entwicklungspolitik ansteuern, die die Lebensverhältnisse in den Herkunftsländern verbessert. Die EU-Kommission betont, dass der Vergleich der Fingerabdrücke von Asylsuchenden dafür sorgt, dass jeder Fall innerhalb von Schengenland nur ein einziges Mal durch die aufwändige Asylbürokratie geschleust wird. Das setzt nicht nur Geld, sondern auch Arbeitskraft frei. Die könnte, so der fromme Wunsch der Kommission, dazu genutzt werden, die Erstfälle sorgfältiger als bisher zu bearbeiten. Diese Anregung sollten sich die Mitgliedsstaaten zu Herzen nehmen. Stattdessen ist zu fürchten, dass auch sie die Sache nur wirtschaftlich betrachten. Schließlich freut sich jeder Finanzminister, wenn teure Arbeitsplätze in der Asylbürokratie eingespart werden. DANIELA WEINGÄRTNER