Designer-Baby geboren

Die Stammzellen des im Reagenzglas gezeugten Kindes sollen helfen, die seltene Krankheit des Bruders zu heilen

DUBLIN taz ■ Nun ist es also auf der Welt. Am Montag wurde im englischen Sheffield das erste menschliche Ersatzteillager per Kaiserschnitt geboren. Die Stammzellen des kleinen Jamie Whitaker sollen seinen vierjährigen Bruder Charlie von einer seltenen Form von Blutarmut, der „Diamond Blackfan Anämie“, heilen. Er wird bislang nur durch schmerzhafte Bluttransfusionen am Leben erhalten. Ohne die geplante Therapie würde Charlie höchstens 30 Jahre alt werden.

Das „Designer-Baby“ hatte Großbritannien im vorigen Jahr in helle Aufregung versetzt. Die Nation war über das Urteil der britischen Behörden gespalten, die den Whitakers die Auswahl eines im Reagenzglas gezeugten Embryos verboten hatten. Deshalb mussten die Eltern in die USA gehen. Dort wurden zehn Embryos auf ihre Übereinstimmung mit Charlies Stammzellen untersucht. Zwei Embryos, die eine Verträglichkeit von 98 Prozent aufwiesen, wurden Michelle Whitaker eingepflanzt, eins davon überlebte.

Der Vater, der 33-jährige Geschäftsmann Jayson Whitaker, rechtfertigte die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID): „Wir haben lediglich die Chancen für passendes Gewebe von eins zu vier auf 98 Prozent gesteigert“, sagte er. „Es gab keine Auslese hinsichtlich der Augenfarbe, der Haare oder des Geschlechts.“ In den nächsten Tagen werde sich herausstellen, ob die Stammzellen aus Jamies’ Nabelschnur für eine Transplantation in das Rückenmark seines Bruders geeignet sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jamie an derselben Krankheit wie Charlie leidet, liegt bei 3 Prozent.

Lana Rechitsky vom Chicagoer Institut für Reproduktionsgenetik bestritt, dass Jamie ein Designer-Baby sei. Man habe ja „nichts Neues geschaffen“, sondern nur denjenigen Embryo ausgewählt, der normal sei und das Leben seines Angehörigen retten könne.

RALF SOTSCHECK