Senatsbedienungsladen

Finanzsenator und Innenstaatsrat im Zwielicht. Der eine soll Bauunternehmen Steuerschlupfloch ermöglicht haben, der andere erhält monatliche Honorare von dubioser Arztpraxis. Opposition fordert Aufklärung durch Bürgermeister Ole von Beust

von PETER AHRENS und SVEN-MICHAEL VEIT

Mit Finanzsenator Wolfgang P. (59, CDU) und dem parteilosen Staatsrat der Innenbehörde, Walter W. (59), sind zwei prominente Mitglieder des Law-and-Order-Senats massiv unter Beschuss gekommen. Während P. von der Opposition vorgeworfen wird, einem Großunternehmen ein Steuerschlupfloch geschaffen zu haben, steht W. in der Kritik, weil er sich monatlich 4600 Euro überweisen lässt – von einer Arztpraxis, gegen die Polizei und Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdachts ermitteln.

GAL-Fraktionsvize Christian Maaß warf P. gestern vor, Großunternehmen zum Schaden der Steuerzahler fiskalisch zu entlasten. Mit seinem Wissen habe die Hamburgische Gesellschaft für Beteiligungsverwaltung (HGV) dem Bauriesen Hochtief zu Unrecht Steuervorteile gestattet. Hochtief ist mit mehr als einem Drittel am Hamburger Flughafen beteiligt und darf als Mindergesellschafter nach der neuen Steuergesetzgebung des Bundes nicht mehr wie bisher Gewinne und Verluste seiner Konzernbeteiligungen so lange gegeneinander aufrechnen, dass das Unternehmen am Ende kaum noch Körperschaftssteuer zahlen muss. Diese Praxis, die zahlreiche Unternehmen in der Vergangenheit betrieben haben, war als Steuerschlupfloch von der Bundesregierung gestopft worden.

Durch einen komplizierten rechtlichen Kniff will die HGV Hochtief dies jedoch auch weiter ermöglichen. Nach Maaß‘ Ansicht werde dadurch weniger der Hamburger Etat als vielmehr der des Bundes geschädigt: „Der Senat verlangt von allen BürgerInnen Opfer – während er gleichzeitig mit Steuertricks großzügige Geschenke an Großunternehmen gibt“, so der Vorwurf des GALiers. Wie viel Geld dem Bund dadurch entgehen würde, konnte er gestern allerdings nicht sagen, Maaß hat dazu eine kleine Anfrage an den Senat gerichtet.

Die Finanzbehörde weist die Vorwürfe des GAL-Politikers als „sachlich falsch“ zurück. Die Hansestadt, so P., „zieht insgesamt einen finanziellen Nutzen aus dieser Maßnahme und erleidet keinen Schaden“ – der Senator äußert sich aber nicht dazu, inwiefern der Bund dadurch finanzielle Einbußen habe.

Staatsrat Walter W. steht im Verdacht, einer ebenso ungenehmigten wie lukrativen Nebentätigkeit nachzugehen. Seit 1998 erhält er von einem Hamburger Radiologen monatlich 4600 Euro als „Honorar Geschäftsführung“. W. hatte den Arzt als Rechtsanwalt jahrelang beraten, als Staatsrat hingegen – seit 22. Dezember 2001 – darf er nicht nebenberuflich einer anwaltlichen Tätigkeit nachgehen. Dies wäre ein Verstoß gegen das Beamtenrecht ebenso wie gegen das Berufsrecht der Anwälte.

Der Arzt begründete diese Zahlungen gegenüber dem Abendblatt mit dem Eingeständnis, „in Spitzenzeiten zwei, drei Mal am Tag“ mit W. zu sprechen. Auch Faxe, die W. aus der Innenbehörde an den Arzt gesandt hatte, sind bei einer Durchsuchung seiner Praxis sichergestellt worden. Staatsrat W. begründet den einträglichen Nebenverdienst mit „Rest-Honoraren aus früherer Tätigkeit“. Keinesfalls handle es sich um Entgelte für aktuelle Rechtsberatung seines ehemaligen Mandanten.

So aber sieht das die Opposition. GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch forderte gestern die Einleitung eines Disziplinarverfahrens: „Ein Diener zweier Herren ist als Staatsrat untragbar.“ Und SPD-Landeschef Olaf Scholz hält W. unter Verweis auf die „Spionage-Affäre“ (siehe Kasten) schlicht für „eine dubiose Figur“.

Das findet auch SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer, der von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) „vollständige Aufklärung“ verlangt. W. müsse von seinen Aufgaben entbunden werden, denn als Staatsrat ist er Chef der Abteilung für interne Ermittlungen. Wenn W. nicht gegen sich selbst ermitteln lasse, ergänzt SPD-Innenpolitiker Michael Neumann, müsse eben das Bundeskriminalamt eingeschaltet werden. Immerhin gelte es den Verdacht auszuräumen, so Neumann süffisant, „dass Senatsmitglieder käuflich sind“.