Bulmahns Erfolge verharren im Nanobereich

Die Wissenschaft der Miniteilchen hat eine große Zukunft – im Gegensatz zum Forschungsetat des Bundes

BERLIN taz ■ Bei Nanostrukturen ist sie richtig gut. Edelgard Bulmahn, 53, Bildungsministerin im Kabinett Schröder, kann aus dem Stegreif erklären, wie mikroskopisch kleine Teilchen Speicherchips noch effektvoller machen. Oder welche Rolle Werkzeuge, die so winzig sind wie Stecknadelköpfe, in der Medizin spielen könnten. Leider ist Bulmahn auch in einem anderen Nanobereich Expertin – in der Wissenschaft der minimalen Zuwächse ihres Etats für das Jahr 2005.

Während nämlich das Bundeskabinett gestern Bulmahns Forschungsbericht mit Anerkennung („eine Erfolgsstory“) aufgenommen haben soll, spiegelt die Entwicklung des Bulmahn-Budgets diese Euphorie überhaupt nicht wieder. Immerhin, ihr Etat soll um 3 Prozent steigen. Das wären 250 Millionen Euro mehr als die bisherigen 9 Milliarden.

Im Vergleich zur öffentlichen Bedeutung ihres Politikfeldes liegen Bulmahns Mittelzuwächse allerdings im Nanobereich. Sogar Parteifreunde sind laut FAZ enttäuscht von Edelgard Bulmahns Bescheidenheit. „Es hätte mehr sein können“, unkte mancher Mitstreiter im Bundestag.

Bulmahn, ganz Expertin, erklärte das bescheidene Plus ihres Haushaltes zur Strategie. „Die Mittel sollen ja nicht bloß in Beton fließen“, sagte sie zur allgemeinen Verblüffung, „wenn Sie Qualität bei den Forschungsgruppen erreichen wollen, müssen Sie mit kleinen Summen anfangen.“ Wie sie mit diesem Vorgehen das laut verkündete Ziel erreichen will, dass Deutschlands Ausgaben für Forschung und Entwicklung von heute 2,5 Prozent auf 3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (2010) steigen, bleibt ein Rätsel.

Dennoch hat das Kabinett noch einmal versucht, den Druck auf die Bundesländer zu erhöhen. Die nämlich sollen aufhören, ihre Wissenschaftsetats einzufrieren oder gar zu kürzen, sondern endlich Geld in die Hand nehmen – zusammen mit dem Bund. „Wenn der Bund seine Mittel für die Hochschulen um 23 Prozent steigert, die Länder aber sparen, dann ist das kein Gewinn“, klagte Bulmahn. Der Vorschlag der Bundesregierung, die Eigenheimzulage zugunsten der Bildungsausgaben zu streichen und so im Bund und den Ländern insgesamt 7 Milliarden Euro freizuschaufeln, gilt der Ministerin als Musterfall. „Das ist der Lackmustest für die Opposition, ob sie wirklich bereit ist, mehr Geld für die Forschung zur Verfügung zu stellen.“ Aus eigener Kraft kann die Regierung dies nicht erreichen. Der Bundesrat muss der Abschaffung der Eigenheimzulage zustimmen.

Überraschend kündigte die Ministerin gestern an, sie wolle bereits im kommenden Jahr mit der Auswahl von Spitzenhochschulen beginnen. Auch die Einrichtung neuer Graduiertenkollegs – das sind Programme für erstklassige Doktoranden – soll schon 2005 starten. Ursprünglich war beides erst für 2006 geplant. Der Bund will dann 250 Millionen Euro jährlich für eine elitäre Zusatzfinanzierung bestimmter Unis ausgeben. Aber auch hier kann und will der Bund alleine nicht viel ausrichten. Die Länder-KollegInnen Bulmahns müssten Mittel beisteuern. Die sind dazu bereit – allerdings nur „im Grundsatz.“

CHRISTIAN FÜLLER