Erfolg für die Europapolitiker der CDU

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber kann sich mit seiner Kritik am Verfassungsentwurf des Konvents nicht durchsetzen

BERLIN taz ■ Die Welt ist ungerecht zu Edmund Stoiber. Ginge es nach seinem Selbstverständnis, müsste er jetzt im sonnigen Süden sein, in Porto Karras, bei den Regierungschefs der EU. Ist aber nicht. Statt nach Griechenland muss er an diesem grauen Freitag in die Berliner CDU-Zentrale. Dort wartet statt Tony Blair und Jacques Chirac nur Angela Merkel – und nicht einmal gegen die kann er sich wirklich durchsetzen.

Das Kompromisspapier zur EU-Verfassung, auf das sich CDU und CSU geeinigt haben, klingt mehr nach Merkel als nach Stoiber. „Wir begrüßen die bisherigen Arbeiten am Verfassungsvertrag“, sagt die CDU-Vorsitzende nach der Beratungsrunde – und der CSU-Chef steht griesgrämig daneben. Noch am letzten Freitag, als der Verfassungsentwurf des EU-Konvents verabschiedet wurde, hatte Stoiber lautstark mit Widerstand gedroht. Wenn sich an dem Papier nichts Wesentliches ändere, so Stoiber damals, werde er der neuen europäischen Verfassung auf gar keinen Fall zustimmen. Merkel dagegen hatte die Brüsseler Papiere als großen Erfolg gewertet. Und nun? Binnen einer Woche, nach dem Gespräch in der CDU-Zentrale, ist aus dem lauten „Nein“ (Stoiber) und dem „Ja“ (Merkel) ein leises „Ja, aber“ geworden.

Der vorliegende Entwurf, heißt es in dem gemeinsamen Papier der Unionsparteien, sei „ein wichtiger Fortschritt“. Ja, mehr noch: „Er trägt in wichtigen Bereichen die Handschrift von CDU und CSU.“ Schließlich sei mehr Mitbestimmung für den Bundesrat enthalten.

Nach dem Theater um seinen renitenten Gesundheitsexperten Horst Seehofer wollte Stoiber offensichtlich keinen weiteren Streit in der Union riskieren. Deshalb stimmt er dem europafreundlichen Papier zu, deshalb sagt er jetzt kleinlaut: „Wenn wir einige Änderungen noch erreichen, gibt es für uns keinen Grund, nicht zuzustimmen.“

Die Änderungen, die Stoiber meint, betreffen vor allem die Zuständigkeit bei Zuwanderungsfragen. Hier will sich der Bayer nichts von Brüssel vorschreiben lassen. Bei EU-Entscheidungen über „den Zugang zum Arbeitsmarkt“ soll es „nötigenfalls“ beim Einstimmigkeitsprinzip bleiben, heißt es in dem Unions-Papier. Nur ein Teilerfolg für Stoiber. Der CDU-Europapolitiker Peter Hintze wies gestern darauf hin, dass „von Asyl nichts in dem Papier steht“. Auch sein Parteifreund Peter Altmeier ist „sehr zufrieden“. Die Flüchtlingspolitik kein Thema mehr? Nein, nein, so will das Stoiber natürlich nicht verstanden wissen. Es dürfe nicht sein, sagt der CSU-Chef, dass die nationale Diskussion über das Zuwanderungsgesetz durch europäische Vorentscheidungen „obsolet“ wird. Doch für Stoiber wird der Kampf gegen ein liberales Zuwanderungsrecht schwerer. LUKAS WALLRAFF

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