schurians runde welten
: Schalker Brut

„Für uns Spieler ist das eine tolle Sache, hier dabei zu sein und zwischen den Grill- und Wurstständen herumzuspringen“

(Sven Vermant, S 04)

Apropos Springen und weil Schalke 04 ja 100. Geburtstag feiert: Früher gingen B. und V. oft zusammen zum Fußball, auch wenn die Sache ein paar Handicaps hatte. Denn B. war damals Schalker, ein glühend-treuer Kuttenträger aus dem südlichen Münsterland. Und V. war auch damals ein Vollborusse – noch heute plant er sein Leben streng nach Spielplan. Ihrer Freundschaft tat das keinen Abbruch und so besuchten sie zusammen die Spiele ihrer verfeindeten Lieblingsclubs. Auch das am 2. Mai 1984. Schalke gegen Bayern.

Es gab aber noch ein Handicap: V. sitzt im Rollstuhl, B. nicht. Beziehungsweise: selten. Zum Fußball machte er damals gerne mal eine Ausnahme. Rollte mit dem portablen Gefährt an den Ordnern vorbei auf die Laufbahn. Bremste neben V. am Spielfeldrand. Die Beine in eine Decke gewickelt. Falls das damals noch laxe Aufsichtspersonal an seinem Schicksal zweifeln solle, legte B. den Kopf zu Seite und stotterte.

Das Pokalhalbfinale zwischen Schalke und Bayern wogte vor beiden hin und her und trug bald legendäre Züge weil Olaf Thon sein Coming Out hatte. Der damals 18-jährige Gelsenkirchener traf gegen München gleich dreimal. Vor allem beim Stand von 5 zu 6 für Bayern gelang ihm der Ausgleich in der Schlussminute. Wiederholungsspiel. Während V. das Tor mit gebührender Fassung aufnahm, wusste B. nicht wohin mit seiner Freude, sprang aus dem Rollstuhl, rannte aufs Feld. Ob B. später wieder manierlich aus dem Stadion rollte, weiß ich nicht.

Solche Schalker Wunder könnten natürlich überall geschehen – tun sie aber nicht.

8.5. Gladbach - Schalke

Schalke-Trainer Jupp Heynckes wird in diesen Tagen zwischen königsblauem Kult und seinem letzten Gastspiel auf dem Mythos Bökelberg schier zerrissen. Anders sind seine etwas unanständigen Phantasien über die geheimen Vorlieben der Schalker Fans kaum zu erklären. Was ihm am Vereinsgeburtstag besonders beeindruckt habe? „Dass so viel Kinder da waren“, sagte er, und weiter: „Da merkt man, dass die Liebe zum Verein gewachsen ist“. Was aber haben die vielen Bälger mit wachsender Vereinsliebe zu tun. Machen Schalker ihre Kinder etwa aus Vereinsliebe?CHRISTOPH SCHURIAN