analyse: grüne im vorwahlkampf
: Das Projekt „Zweistellig“

Wenn es um Wahlen geht, wird selbst der grüne Landes-Chef Frithjof Schmidt liberal: Der Wettbewerb um Wählerstimmen sei ein Grundrecht im Mehrparteiensystem, sagte er gestern in Düsseldorf. Dazu legten Schmidt und Co-Chefin Britta Haßelmann optimistische Umfragewerte vor: Vier Monate vor den Kommunalwahlen und ein Jahr vor den Landtagswahlen sind die Grünen demnach der stabile Faktor im rot-grünen Landesbündnis. Die Partei steht bei zwölf Prozent, bescheinigt werden ihr große Kompetenz in Umweltpolitik oder Verbraucherschutz. Über 50 Prozent der SPD-Wähler können sich gar vorstellen, Grün zu wählen. Und immer wieder dieses Wort: „Zweistellig“.

Doch die Siegerpose hat Kehrseiten. Die Grünen profitieren auch von der Schwäche der SPD. Die Zuwachsraten gehen zu Lasten des Koalitionspartners. Statt im Bündnis beidseitig zu profitieren, verpassen die NRW-Sozialdemokraten die 30-Prozent-Marke: Eine Win-Loose Situation. Schon die letzten Bundestagswahlen gewann die SPD Dank des Kanzlers und populären grünen Themen. Auch deshalb versucht sich die Landes-SPD – wie einst vor Rot-Grün – als Partei der Industriepolitik auch auf Kosten der grünen „De-Industrialisierer“ zu profilieren.

Noch unentschieden sind die Antworten der Landesgrünen auf die neue Konkurrenz mit der SPD. Während Schmidt die Hemdsärmeligkeit der Landes-Sozis kritisiert – um trotzdem das grüne Projekt zwölf Prozent anzusteuern, hat Haßelmann mehr Verständnis für die Nöte der SPD: Als Volkspartei müsse es der Sozialdemokratie eben gelingen Nichtwähler und Unionswähler zu mobilisieren. CHRISTOPH SCHURIAN