NRW-Grüne trotzen SPD-Krise

Grünenchef Schmidt wirft SPD „Konzeptlosigkeit“ vor und betont Eigenständigkeit. Kleiner Koalitionspartner will sich von SPD-Schwäche nicht runterziehen lassen. Verweis auf gute Umfragen

VON MARTIN TEIGELER

Die Grünen distanzieren sich von ihrem Koalitionspartner. Es sei kein Konzept erkennbar, wie die SPD die Gesellschaft in NRW gestalten wolle, sagt der grüne Landesvorsitzende Frithjof Schmidt. Als Beispiele nannte er die SPD-internen Konflikte um die Reformpolitik und die Ausbildungsumlage. Schmidt bekräftigte, seine Partei wolle die rot-grüne Koalition fortsetzen. Er sei aber besorgt, dass die SPD mit ihrer Schwäche der CDU zur absoluten Mehrheit verhelfe. Bei den anstehenden Wahlen will die Ökopartei „ein zweistelliges Ergebnis“ erreichen.

Besorgt schauen die Grünen auf Umfragen, die der SPD knapp ein Jahr vor der Landtagswahl im Mai 2005 bei Werten unter 30 Prozent kaum noch eine Siegchance geben. Nach einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen käme die CDU auf 49 Prozent, wenn am kommenden Sonntag Landtagswahl wäre. Die SPD steht bei 29, die Grünen bei 12 Prozent. Die NRW-FDP steht mit fünf Prozent auf der Kippe. Ohne Liberale im NRW-Parlament könnte eine absolute CDU-Mehrheit womöglich noch verhindert werden. Auch die Popularitätswerte ihrer Spitzenpolitikerin ermutigen die Grünen. Während NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn die populärste Politikerin im Land ist, konnten für die FDP-Anführer Ingo Wolf und Andreas Pinkwart wegen mangelnder Bekanntheit keine Zustimmungswerte ermittelt werden.

Doch auch die Umfragezahlen der SPD sind und bleiben schlecht. Auch die Versuche der Genossen, ihre Krise zu beenden, bewerten die Grünen skeptisch. Besonders die Hinwendung von NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück und Wirtschaftsminister Harald Schartau (beide SPD) zu einer altmodischen, ökologisch problematischen Industriepolitik, ist der Umweltpartei unsympathisch. „Wenn SPD-Vertreter den Grünen im Land eine Politik der De-Industrialisierung vorwerfen, verunsichert das die Menschen zutiefst“, so Frithjof Schmidt. So etwas sei nicht nachvollziehbar und spreche für eine „gewisse Nervosität“ der SPD.

Norbert Römer, Schatzmeister und Präsidiumsmitglied der NRW-SPD, reagierte gestern auf Schmidt: „Die Grünen sollten auf dem Boden bleiben.“ Eine Profilierung auf Kosten des Koalitionspartners sei wenig hilfreich. „Das Zusammenspiel innerhalb der SPD kann noch besser werden“, räumte Römer selbstkritisch ein. Doch die Grünen sollten jetzt besser die Auseinandersetzung mit der CDU suchen, und sich nicht wie eine Klientelpartei verhalten. „Das Schielen nach Minderheiten bringt nichts, Rot-Grün hat einen gemeinsamen Regierungsauftrag“, sagte Norbert Römer und forderte die Grünen auf, bei wichtigen industriepolitischen Vorhaben „von der Bremse“ zu gehen.