PDS-Fraktion versenkt PDS-Sparplan

Kultursenator Thomas Flierl (PDS) konnte sich mal wieder nicht durchsetzen. Eigentlich sollte das Kinder- und Jugendtheater carrousel auf die Hälfte seines Etats verzichten. Doch das verhinderte nun die PDS-Fraktion

Der jüngste Fauxpas von Kultursenator Thomas Flierl (PDS) heißt „carrousel“. Das ist ein Kinder- und Jugendtheater in Lichtenberg und verschlingt jährlich 5 Millionen Euro Steuergelder. Die Hälfte davon – das ist die Absprache mit der SPD – will Flierl in Zukunft einbehalten. Besser gesagt, wollte: Die eigene Fraktion hat ihm die Einnahmequelle in einer extra einberufenen Sondersitzung am Dienstagabend trockengelegt.

Der Senator muss dringend Geld lockermachen. Er hatte dem Senat versprochen, 10 Millionen Euro in seinem Etat einzusparen. Es wäre alles ganz einfach gewesen, hätte die PDS-Basis auf dem Parteitag Anfang April Flierls Studienkontenmodell durchgewunken. Jeder Langzeitstudent hätte bis zu 500 Euro zahlen sollen. Das wäre für 20 Millionen Euro gut gewesen, rechnete Flierl vor. Eine Hälfte für die Unis, die andere für seinen Haushalt.

Doch so, wie die Parteitagsbasis die Studienkonten zunichte machte, hat die Fraktion nun die carrousel-Kürzung gekippt. Flierl, lautet der Vorwurf, habe – aus welchen Gründen auch immer – nicht bedacht, welchen symbolischen Stellenwert das Theater für die PDS-Anhänger habe.

Das carrousel hieß bis 1992 „Theater der Freundschaft“ und war von 1950 bis zur Wende das staatliche Kinder- und Jugendtheater der DDR. Seit der Wiedervereinigung trägt der Senat die Kosten. Es gilt heute als das größte Theater seiner Art in Deutschland. 1991 beschäftigte es noch 180 Mitarbeiter. Bis 2005 sollen es nach einer ersten Sparvorgabe aus dem Jahr 1995 noch 93 sein. Ein 15-köpfiges Schauspiel-Ensemble trägt die derzeit 25 Inszenierungen.

Der SPD ist das Theater längst zu teuer geworden. Sie will es lieber heute als morgen dichtmachen. Schon zu Beginn des Jahres gab es deswegen Knatsch in der Koalition. Der Streit endete mit einer Mittelsperre für 2005 und dem Auftrag an den Kultursenator, bis Mitte Juni ein neues und kostengünstigeres Konzept für das Theater vorzulegen.

Der Druck, 10 Millionen Euro zum Sparkurs des Senates beitragen zu müssen, ließ Flierl offenbar einlenken. Statt mit 5,19 Millionen Euro jährlich soll das Theater mit knapp 2,5 Millionen Euro auskommen. Das wäre ein Viertel der geforderten Sparsumme. Die komplette rot-rote Koalitionsspitze hat dem zugestimmt – angefangen beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) über seinen Fraktionsvorsitzenden Michael Müller bis hin zu Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS), Partei- und Fraktionschef Stefan Liebich (PDS) und: Thomas Flierl.

Liebich ließ zwar am Tag nach dem Desaster kleinlaut verlauten, ihm „erschien die Lösung annehmbar“. Flierl aber scheint bestimmt zu sein, die Sache auszubaden. Der Vorschlag hätte nie gemacht werden dürfen, sagte der PDS-Abgeordnete Wolfgang Brauer. Folgerichtig hat ihn die PDS-Fraktion „einhellig versenkt“, wie PDS-Finanzexperte Carl Wechselberg es ausdrückte.

Noch kann sich Flierl sicher fühlen. Seinen Rücktritt haben öffentlich bisher nur Politiker der CDU gefordert.

THORSTEN DENKLER