Was Staaten nicht kümmert

Länder-Rating von Oekom Research: Wie nachhaltig sind Staatsanleihen? Skandinavien wieder vorn, USA fallen weit ab. Auch Deutschland ist noch kein Umwelt-Weltmeister

Der Geheimdienst liest mit: „Wenn Sie heute in den USA ein Buch eines linksgerichteten Autors oder eine Kritik zum Irakkrieg kaufen, kann es sein, dass FBI und CIA Ihre Person gründlich durchleuchten“, weiß die Münchener Ratingagentur Oekom Research. Denn Banken, Buchhändler oder Krankenhäuser in den Vereinigten Staaten seien nach dem „Patriot Act“ dazu verpflichtet, Auskunft über ihre Kunden zu geben. Das Gesetzespaket wurde nach dem 11. September eingeführt und soll helfen, Anschläge zu verhindern. Auch in Italien, Kanada und Spanien habe die Terrorangst zu strengeren Regelungen geführt, so Oekom. Doch im Gegensatz zu den USA habe man „hier keine Einschränkungen individueller Freiheiten feststellen“ können.

Hintergrund des Sammelns solcher Erkenntnisse durch Oekom ist das jährliche Country Rating. Die Münchener bewerten damit 30 OECD-Staaten und Russland nach 150 ökologischen und sozialen Indikatoren. Es bilde die Entscheidungsgrundlage „für etwa zehn Rentenportfolios, die nach dem Prinzip der nachhaltigen Entwicklung investieren und ein Volumen von über 300 Millionen Euro verwalten“, so Oekom.

Die Einschnitte „in die Freiheitsrechte“ trugen dazu bei – genannt wird unter anderem noch die Verschärfung des Asylrechts –, dass die USA im diesjährigen Country Rating von Oekom Research um 8 Plätze auf Rang 25 zurückgefallen sind. Wie im Vorjahr sind die skandinavischen Länder führend, Norwegen liegt an der Spitze. Deutschland konnte sich vom zwölften auf den zehnten Platz verbessern, Mexiko, die Türkei und Russland bilden wie 2002 das Ende der Rangliste.

Die Ergebnisse des Bewertungsbereichs „Politisches System und Grundrechte“ spiegelten die Entwicklungen in den USA sehr gut wider: „Weit abgeschlagen hinter den führenden Ländern Finnland, Island und Dänemark“ konnten sich die USA hier nur auf dem 29. Rang platzieren. Deutschland liege „mit minimalem Abstand“ zu den führenden Ländern auf Rang 7.

Hinsichtlich der „Umweltbelastung“ nehme das Kioto-Protokoll eine Schlüsselfunktion ein. Damit sollen die Industriestaaten den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid bis 2012 um 5 Prozent unter das Niveau von 1990 senken. 27 OECD-Staaten haben das Protokoll inzwischen ratifiziert, die USA und Australien lehnen es ab.

Der Bereich „Umweltbelastung“ (Luft, Energie, Boden, Wasser, Biodiversität und Abfall) ging mit 70 Prozent in die ökologische Bewertung ein. Norwegen und Schweden konnten hier die meisten Punkte für sich verbuchen. Deutschland landete auf Platz 17 und ist damit „im internationalen Vergleich weit davon entfernt, dem oftmals erhobenen Anspruch des Umweltschutzweltmeisters gerecht zu werden“, kritisiert Oekom.

Das Nachhaltigkeitsrating von Ländern etabliere sich nach eigener Einschätzung zunehmend als Säule des ethisch-ökologischen Renteninvestments. Diese stark wachsende Anlageform werde besonders von eher risikoaversen Investoren wie kirchlichen Institutionen, Stiftungen oder Versicherungen favorisiert. Nach Angaben von Robert Haßler, Vorstandsvorsitzendem der Oekom Research AG, nimmt das Country Rating im deutschsprachigen Raum „eine marktführende Position ein“. TAZ

Oekom Research AG, Goethestr. 28, 80336 München, Tel. (0 89) 54 41 84-0