Bauern werden von Discountern gemolken

Campina, Milchunion Hocheifel und Müller Milch sind eingeknickt: Sie haben den Milchpreis für Aldi weiter gesenkt

BERLIN taz ■ „Ein Liter Milch ist weniger wert als zwei leere Dosen.“ Die Bauern der Republik sind wütend. Denn was den Kunden im Supermarkt freut, drängt sie in den Ruin: Dumpingpreise bei der Milch. Seit Wochen demonstrieren sie nun schon dagegen, schütten das weiße Getränk vor Discountern aus, blockieren mit ihren Schleppern Molkereien. Allein: Genützt hat es kaum. „Die ersten Molkereien haben die Nerven verloren“, sagte Michael Lohse, Sprecher des Deutschen Bauernverbandes, gestern.

Die Molkereien handeln mit Lebensmittelriesen wie Lidl, Rewe und Tengelmann derzeit die Lieferungen für die nächsten zwölf Monate aus. Besser gesagt, beide Seiten pokern: Die Discounter wollten den Milchpreis um zehn Prozent drücken. Daran sei nicht zu denken, hielten die Molkereien entgegen – und verlangten ein Plus von sieben Prozent. „Die ganze Milch-Branche war sich einig, hart zu bleiben“, sagte Lohse. Eigentlich.

Dann aber seien Campina, Milchunion Hocheifel und Müller Milch eingeknickt. Diese drei werden Aldi künftig Milch liefern, für die der Discounter weniger als im Vorjahr zahlt. Der genaue Preis bleibt jedoch ein Geschäftsgeheimnis.

Bei den Bauern wird von dem Geld aber sicherlich nicht mehr ankommen als bisher. Im Schnitt sind das 27 Cent pro Liter Milch – so wenig wie seit 1977 nicht mehr. Dabei kostet die Produktion schon 32 Cent pro Liter.

Warum sich die Molkereien, an denen die Bauern oft selbst beteiligt sind, auf solche Angebote einlassen? Die Marktmacht macht es: Aldi verkauft zum Beispiel 70 Prozent der H-Milch in Deutschland, erklärt Lohse. Seine größte Sorge ist nun allerdings, dass auch die anderen Lebensmittelhändler im Preis runtergehen. Lohse: „Aldi hat eine Leitfunktion“, etwa für Lidl oder Edeka. Diese schließen ihre Verträge jedes Jahr erst nach den Albrecht-Brüdern ab.

So droht das Geschäft mit der Milch insgesamt sauer zu werden. Jeder dritte Landwirt in Deutschland hat Kühe. Das können schon mal 65 sein. Die geben im Jahr gut 500.000 Liter Milch. Sinkt der Preis nur um einen Cent, fehlen schon 5.000 Euro.

„Die Wut der Bauern können wir verstehen“, zeigt sich Christoph Hermes von Campina einsichtig. Die Molkereien seien aber unschuldig. Es gebe schlicht zu viel Milch. Und die Verbraucher wollten es nun mal billig. Ob die Bauern noch etwas vom geringen Preis für die Tüte Milch abbekommen, steht künftig im Internet. Der Bauernverband will die schlimmsten Molkereien dort auflisten. HANNA GERSMANN