Zuwanderungsexperten mit Latein am Ende

Spitzen von SPD und Grünen suchen vor der heutigen Koalitionsrunde händeringend nach einem Kompromiss

BERLIN taz ■ Im Streit um die Zuwanderung haben SPD-Politiker gestern mit allen Mitteln versucht, die Grünen dazu zu bringen, doch noch an den Verhandlungstisch mit der Opposition zurückzukehren. „Wir sind nicht bereit, jetzt schon aufzugeben“, sagte der innenpolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Dieter Wiefelspütz, der taz. „Wir arbeiten an Formeln und Wegen, wie es weitergehen kann.“

Falls man sich in der heutigen Koalitionsrunde nicht einig werden könne, sei auch eine „Auszeit“ denkbar, sagte der SPD-Verhandlungsführer. SPD-Fraktionsvize Hans-Joachim Hacker brachte ins Gespräch, dass man der Union ein „letztes Angebot“ unterbreiten könnte. SPD und Grüne sollten verbindlich vereinbaren, in welchen Punkten sie der Union noch Zugeständnisse machen könnten und welche Punkte nicht verhandelbar seien. Damit könnten die Grünen gesichtswahrend von ihrer Absage an die Fortsetzung der Zuwanderungsverhandlungen mit der Union herunterkommen.

Den Zuwanderungspolitikern ist allerdings bewusst, dass für Fragen der Gesichtswahrung nicht mehr die Experten zuständig sind. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass die Parteivorsitzenden ein Stück weit die Regie übernehmen“, sagte Wiefelspütz. Es sei denkbar, die offiziellen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zu unterbrechen und erst einmal informelle Gespräche zwischen den Chefs von SPD, CDU/CSU und Grünen vorzuschlagen. Diese Lösung scheint nicht völlig ausgeschlossen, da auch die Grünen gestern etwas konzilianter klangen.

Man bleibe dabei, dass „diese Verhandlungen“, also die Gespräche im Vermittlungsausschuss, keinen Sinn mehr hätten, sagte Grünen-Geschäftsführerin Steffi Lemke. Das lässt möglicherweise Raum für Gespräche auf anderen Ebenen. Den Resolutionsentwurf für den kleinen Parteitag am Samstag will die Grünen-Spitze jedenfalls vorsichtshalber erst nach der Koalitionsrunde formulieren. LUKAS WALLRAFF

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