Wieder ein Symbol gekillt

Senatsamt zur Gleichstellung darf abtreten: Die Hälfte der Stellen wird abgebaut, die übrigen auf Sozialbehörde und Personalamt verteilt. Amts-Erfinderin Eva Rühmkorf: „Das ist blöd und blind.“ Girls-Day und andere Projekte in Gefahr

von KAIJA KUTTER

Als ob gar nichts wäre, verschickte das „Senatsamt für die Gleichstellung“ gestern früh die Einladung zum nächsten „Hamburger Dialog“ für „familienbewusste Personalpolitik“ an die Medien. Am Donnerstag Abend werden Führungskräfte der Hamburger Wirtschaft zum Smalltalk eingeladen, um sie von den Vorzügen einer familienfreundlichen Personalpolitik zu überzeugen.

Keine schlechte Idee, wie so manches, was aus dem Hause von Amtsleiterin Marie-Luise Tolle kam. Sei es das Fortbildungsprojekt für Erzieherinnen, das hilft, dass sich kleine Jungs im Kindergarten weniger beulen oder das Altonaer Väter-Projekt, das männliche Veranwortungsfreude wecken soll, untätig war das Amt nicht.

Ansonsten geriet die 1991 aus der ehemaligen „Leitstelle zur Gleichstellung“ hervorgegangene Institution öfter in die Kritik der Frauenszene, weil sie sich zu sehr im Hintergrund hielt, als beispielsweise im März 2002 der Sparhammer bei den Frauenprojekten zuschlug. Aus Angst vor Schließung starrten die GleichstellerInnen auf den männerdominierten Rechtssenat wie das Kaninchen auf die Schlange.

Gerettet hat es sie nicht. Wie der Senat bei seiner Sparklausur am Wochenende beschloss, soll das Amt zum 1. Januar entfallen. 10 der 22,5 Stellen sollen eingespart werden, die übrigen 12,5 auf die Behörde für Soziales und Familie und das Personalamt verteilt werden. „Die Aufgaben werden weiter wahrgenommen“, bekräftigt Sozialbehördensprecherin Annika Wichert. Dazu gehören die Prüfung von Senatsvorhaben, die Frauenförderung im öffentlichen Dienst und die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen. Das Ziel der Auflösung sei, den Umfang „höher besoldeter Führungsfunktionen“ zu reduzieren.

Amtsleiterin Tolle wollte gestern keinen Kommentar abgeben. Die prominenteste Reaktion kam wohl von Vorgängerin Eva Rühmkorf, die 1979 Gründerin und bis 1988 Leiterin der Leitstelle war. Sie sei „fassungslos“, die Abschaffung sei „blöd und blind“, sagte Rühmkorf: „Wir wissen doch längst parteiübergreifend, dass wir Fraueninteressen gesondert wahrnehmen müssen.“

Auch DGB-Chef Erhard Pumm sprach bei der Auflösung von einem „fatalen Signal“ . So sei man heute von einer Gleichstellung am Arbeitsplatz noch weit entfernt. Frauen verdienten weniger als ihre männlichen Kollegen. Auch zögen Frauen mit Kindern in ihrer beruflichen Entwicklung noch immer den Kürzeren, so dass sie einer „systematischen Unterstützung“ bedürften.

Das Sparargument sei nur vorgeschoben, da keine Mitarbeiterin einfach entlassen werden könne, bemerkt die SPD-Abgeordnete Doris Mandel: „Der Senat lehnt die Gleichstellung aus ideologischen Gründen ab.“

„Jetzt werden auch die letzten sichtbaren Symbole einer Politik für Gleichstellung und Minderheiten beseitigt“, sagt die GAL-Politikerin Verena Lappe, die fürchtet, dass hier eine Kontrollinstanz für Gleichstellung beseitigt wird und erfolgreiche Projekte wie die IT-Messe „digitelle“ und der „girls day“ entfallen.

Das Senatsamt habe zuletzt einen sehr pragmatischen Ansatz gehabt und dabei „Profil verloren“, bedauert Heike Peper von der Frauenberatungsstelle BIFF. So sei, da es seit dem Regierungswechsel direkt Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) unterstehe, bereits schon aus dem Amt für Frauenpolitik eines für Familienpolitik geworden, stellt Peper fest.