Feuer vom Himmel

Ein weiterer Triumph in Joseph Haydns Wirkungsgeschichte: Die kleine Kantorei vollendet seine Schöpfung in Unser Lieben Frauen. Erstmals in Bremen erklingt das Oratorium in historischer Aufführungspraxis –was für die Klangfarbe als wichtigstes Ausdrucksmittel nur von Vorteil ist

Insekten schwärmen und Würmer kriechenüber den Boden

Als „Feuer vom Himmel“ titulierte der Goethe-Freund Karl Friedrich Zelter Joseph Haydns populäres Alterswerk. Die Aufführungs- und Wirkungsgeschichte von Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ ist die eines ununterbrochenen Triumphes. Und das, obschon das Sujet 1798 durchaus noch ein hierarchisches Ordnungsgefüge fast mittelalterlicher Art ist.

So war denn auch der Spott in den Gesichtern der „Kleinen Kantorei“ bei der jetzigen Aufführung in der Kirche Unser Lieben Frauen schwer zu übersehen, als Eva „und dir gehorchen, ist mir Freude, Glück und Ruhm“ singt. Aber da ist Haydns Musik mit ihrer unsterblichen – so pathetisch darf man das schon sagen – Frische. Haydn charakterisiert fast ausschließlich durch Klangfarbe, sie ist sein stärkstes Ausdrucksmittel und die Grundlage seiner endlosen Tonmalereien.

Und die ist natürlich bestens aufgehoben bei einem historischen Orchester. Die „Bremer Ratsmusik“ – die tatsächlich das Werk erstmals in Bremen in historischer Aufführungspraxis präsentierte – fand überzeugende Konturen für jene Wunderstellen wie das einleitende „Chaos“, die Explosion „Es werde Licht“ oder das Nachempfinden der Insektenschwärme und der am Boden kriechenden Würmer. Das war nicht durchgehend so, durch so manches wurde sich auch ein wenig durchgenudelt, aber der Grundansatz stimmte. Auch der Chor brillierte vom geheimnisvollsten pianissimo bis zu kraftvollem Jubel, überragend die Homogenität und Sprachverständlichkeit.

So einige Kontaktwackeleien zwischen Chor und Orchester sind in dieser Art Aufführungen wohl unvermeidbar. Aber Hans Dieter Renken tat alles, um das Ganze zu einem runden und nachhaltigen Ergebnis und Erlebnis zu führen. Maßgeblichen Anteil daran hatten die SolistInnen. Allen voran der Tenor Andreas Post, der mit einem ergreifenden Timbre seine Stimme flexibel und subtanzreich führt. Der dunkel timbrierte Sopran von Friederike Hansmeier mit seiner direkten, manchmal auch etwas grellen Ansprache überrascht zunächst, aber schnellstens gelang ihr mit vortrefflicher Artikulation und sprachgezeugter Vibratolosigkeit ergreifende Ausdrucksstärke. Nicht ganz so gut der Bass Gregor Finke, der doch eher ein Bariton ist, und dessen Stimme einfach an spezifischem Charakter noch wachsen muss.

Ute Schalz-Laurenze