Ablasshandel mit Meisen

Für ein Containerterminal wurde Natur zerstört, dafür hat die Firma „bremenports“ auf der Tegeler Plate eine neue Heimat für seltene Vögel geschaffen – ob das bei Terminal IV auch funktioniert?

taz ■ Vögel, Wattwürmer und ihre Freunde konnten aufatmen. Zwar zerstörte „bremenports“ – die früher landeseigene und heute privatwirtschaftlich betriebene Hafenverwaltung – 1997 ihre Heimat in Bremerhaven für das Containerterminal III (CT III). Doch wer Natur zerstört, muss dafür Ausgleich schaffen – das ist seit den 70er Jahren Vorschrift in Deutschland. Und so fanden Teichrohrsänger, Meise und Kuckuck schon 1998 eine neue Heimat: auf der Tegeler Plate, ein paar Kilometer weseraufwärts auf niedersächsischem Gebiet.

Dort zeigte vergangene Woche der Biologe Ulrich Filbrandt, was alles blüht und fliegt. Er betreut das Naturschutzgebiet, das bremenports hier anlegen musste. Kuckucke gibt es zuhauf, doch die wirklich seltenen Vögel halten sich versteckt. „Dabei hat sich allein der seltene Teichrohrsänger hier von 30 auf 90 Paare vermehrt“, sagt Filbrandt.

Ob mit oder ohne Teichrohrsänger – bremenports-Geschäftsführer Jürgen Holtermann ist stolz auf die Ausgleichsfläche: „Hier hat sich ein Paradies für Flora und Fauna entwickelt.“ Ein Zehntel der Gesamtkosten für den Bau des CT III sei in den Naturschutz gegangen. „Für 20 Millionen Euro haben wir über 200 Hektar gekauft“, ergänzt Uwe von Bargen vom betriebseigenen Umweltmanagement. Für das Geld wurden ein neues Prielsystem ausgebaggert und landwirtschaftliche Nutzflächen beseitigt.

Auch Umweltschützer loben, was bremenports bisher geleistet hat: „Die Ausgleichsmaßnahmen für CT III sind vollständig umgesetzt, was nicht selbstverständlich ist“, so Martin Rode, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Bremen.

Doch bei allem Lob für das CT III – vom geplanten Containerterminal IV hält Rode nicht viel. „Ich halte das ganze Projekt für sinnlos. Es werden viel zu viel Arbeitsplätze versprochen, und ich glaube bremenports nicht, dass die Kapazität der bisherigen Terminals nicht ausreicht.“ Außerdem gehe für das CT IV sehr viel Wattenmeer verloren, und dieses Ökosystem könne man hinter dem Deich nicht einfach so nachbauen.

Die Sache hat noch einen Haken: Die Flächen, die für den Naturschutz gebraucht werden, gehören nämlich noch zu einem Teil Niedersachsen und zu einem anderen der Gemeinde Loxstedt. Bremenports will sie am liebsten gleich dem bremischen Staatsgebiet einverleiben. „Wir sind in Verhandlungen und zuversichtlich, dass die Hoheitsübertragung funktioniert“, sagt der bremenports-Umweltmann Uwe von Bargen. Bremen würde dann für 18 Millionen Euro um 1.200 Hektar größer. Bremenports könne die Ausgleichsflächen zwar auch ohne Verschiebung der Landesgrenzen einrichten. „So wäre es aber einfacher, weil dann alle Genehmigungsverfahren in einem Land liegen“, sagt Uwe von Bargen. Klaus Schloesser, Pressesprecher der Bremer Senatskanzlei, sagt, dass es „gute Gespräche mit den Loxstedtern und mit der Staatskanzlei in Hannover“ gebe.

Die Loxstedter bestätigen das im Großen und Ganzen. Doch in Hannover scheint man es den Bremern nicht so leicht machen zu wollen. Michael Knaps, Pressesprecher des bei hoheitlichen Veränderungen zuständigen niedersächsischen Innenministeriums: „Es mag ja sein, dass die Bremer das Gebiet privat kaufen wollen, aber mit dem Wunsch nach einer Veränderung der Landesgrenzen sind sie bisher noch nicht an uns herangetreten.“ Aber noch ist Zeit. Das Genehmigungsverfahren für das CT IV läuft bis Mai nächsten Jahres.

Noch steht also in den Sternen, ob die Hafen-Manager in ein paar Jahren wieder schwärmend über ein von ihnen geschaffenes Fleckchen Natur stiefeln können – so wie vergangene Woche über die Tegeler Plate.Markus Vollstedt