hamburger szene
: Eine Vision von einem Handy

Ich glaube, dass im Eingang auf dem Boden etwas von Visionen stand. Aber ich kann mich täuschen, vielleicht wohnen die Visionen gar nicht im Elektrofachhandel, sondern beim Friseur oder im Bioladen. Ich hatte keine Vision, nur ein kaputtes Handy und glaubte, dass ein neuer Akku es noch einmal beleben könnte.

Die Verkäuferin glaubte nicht daran. „Legen Sie zehn Euro drauf und kaufen Sie sich ein neues“, sagte ihr Kollege. Ich sagte, dass ich das überhaupt nicht einsähe, wo das alte Handy Rotwein und anderes überlebt hätte und dieses ewige Neu-Kaufen … Der Elektronikmann und seine Kollegin sind vermutlich Kummer gewohnt. Böswillige Teenager vor den Spielkonsolen, Umtauschbetrüger. Oder eben eifernde Nostalgiker. Jedenfalls erinnerte sich der Verkäufer, dass er mein Handy-Modell auch einmal besessen habe. Seiner Kollegin fiel ein, dass sie im Internet nach alten Telefonen suche. Wir schieden freundlich.

Das Handy lief dann auch mit neuem Akku nicht. Der Verkäufer bedauerte mich, als ich kam, um ein neues zu kaufen. Auf dem Weg zur Kasse betrachtete ein anderer das Handy. „Wie können Sie ein Nokia kaufen?“, fragte er. „Die haben doch das Werk in Bochum dicht gemacht.“ Er sagte, ich solle das Motorola-Handy nehmen. „Nein“, sagte der erste Verkäufer. „Das ist nicht der Ort für weltanschauliche Entscheidungen.“ – „Wo denn?“, fragte ich. Ich erfuhr es nicht. Nicht am Ort der Visionen. Ich knickte ein und kaufte das Handy der Bochum-Ruinierer. FRIEDERIKE GRÄFF