Glaube, Liebe, Hoffnung

Bonjour, tristesse: Auf dem 15. „Medienforum NRW“ regieren rituelle Ratlosigkeit und gepflegte Larmoyanz

KÖLN taz ■ Als sich NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) vor zwei Wochen zur aktuellen Rundfunkgebührendebatte äußerte, kam das einer medienpolitischen Mund-zu-Mund-Beatmung gleich: Ausgerechnet ein SPD-Mann fordert ein Einfrieren der Gebühren auf dem derzeit gültigen Niveau von 16,15 Euro monatlich bis 2006. Und eine Bestandsaufnahme und Bewertung der gegenwärtigen Lage im Rundfunksystem der Republik – bei privaten wie öffentlich-rechtlichen Sendern.

Am Sonntagabend nun hätte Steinbrück bei der Eröffnung des Medienforums NRW nachlegen können – und müssen. Doch es kam nicht einmal heiße Luft. Steinbrücks Versuch, in die Fußstapfen seines Vorgängers zu treten, den „Medienminister“ Wolfgang Clement zu beerben, scheiterte kläglich.

Was blieb, war ein Regierungschef, der sich beinahe krampfhaft medienpolitisch zu profilieren versuchte – und sich dabei nur lieblos wiederholte. Zudem ließ er den ehemaligen Finanzminister Steinbrück erkennen: „Wir reden über einen sehr grundsätzlichen Umbau unserer öffentlichen Finanzierung, unserer Sozialsysteme und unserer öffentlichen Institutionen.“

Nun hat das eine nichts mit dem anderen zu tun, und die Sinnlichkeit der von ARD und ZDF geforderten Zuschläge überprüft hierzulande die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, kurz KEF. Die ist so unabhängig wie staatsfern und muss bis Jahresende Stellung nehmen. Die neue vierjährige „Gebührenperiode“ beginnt dann ohnehin erst im Jahr 2005. Vielversprechender wäre da schon Steinbrücks Ansatz, das duale Rundfunksystem in Deutschland, das Nebeneinander von gebührenfinanziertem und privatem Radio und Fernsehen, einer generellen Überprüfung zu unterziehen. Doch die Hoffnung auf einen konkreten Vorschlag wich der Enttäuschung über Plattitüden: „Es geht nun nicht mehr vorrangig um die Frage: Wie viel öffentlichen Rundfunk wollen und sollten wir uns leisten. Sondern: Wie viel können wir uns leisten?“

Diese hochoriginelle Einsicht steht seit Jahren in ähnlicher Form in beinahe jeder Streitschrift, mit der die Privatsender die Medienpolitik regelmäßig behelligen. Und nützt nichts, wie die Ausweitung der Sendezeiten des öffentlichen-rechtlichen Kinderkanals und des deutsch-französischen Vorzeigekultursenders Arte zeigt.

Apropos Arte: Die einst wichtigste Diskussion der Medien mit und über sich selbst, unlängst noch mit Gästen vom Kaliber eines Rupert Murdoch oder Michael Bloomberg, gerät zur Jammerrunde der Branche über sich selbst. Diesjährige Ehrengäste sind Arte-Präsident Jérôme Clément und der oberste CNN-Verkäufer in Europa, Tony Maddox. Bei allem Respekt: Wer soll hier Wege weisen?

Clément – vom Ministerpräsidenten in dessen Rede schnöde ignoriert – schaffte es immerhin, mit drei knappen Worten das Jammertal links liegen zu lassen: Wovon ein Themenabend seines Senders denn handeln würde, wenn er, der Präsident, zu bestimmen hätte? „L’amour, bien sur.“ STEFFEN GRIMBERG