Schönheit neoliberaler Phraseologie

betr: „Wir brauchen keine Leuchttürme in einer kulturellen Wüste!“, Debattenbeitrag zur Kulturpolitik von Brigitte Capune-Kitka (FDP), taz vom 6.5.04

Der Beitrag von Brigitte Capune-Kitka zur kulturpolitischen Debatte zeigt die ganze Schönheit neoliberaler Phraseologie und ist bar jeder Kenntnis des – meist kommunalen – Kulturalltags. Nur einige Punkte: a) Betriebs- und Rechtsformänderungen von öffentlich zu privat verursachen zunächst einmal Zusatzkosten im Verwaltungsbereich, vor allem muss eine kaufmännische Abteilung aufgebaut werden. Sparen kann man erst später: an der Zahl der Beschäftigten, die die „eigentliche“ Arbeit machen, an ihrer Bezahlung, an Qualität und Umfang der Leistung. Nur den Preis, den das Publikum zahlt, kann man schon gleich erhöhen. b) Ohne langfristig angelegten Aufbau und Förderung der kulturellen Infrastruktur sind keine Projekte und Events realisierbar. Ohne Theaterbau samt Technik und Werkstätten keine Inszenierung, ohne Museumsgebäude keine Ausstellung. Ebenfalls zur Infrastruktur gehören Kulturämter, die Ateliers besorgen, Festivals organisieren, Kontakte herstellen etc. All das ist auf kurzfristiger Projektförderbasis nicht aufzubauen, sondern beruht auf Erfahrung und langjähriger kontinuierlicher Arbeit. Ohne öffentliche Finanzierung, die ohne Gewinnerwartung arbeitet, läuft hier gar nichts. c) KünstlerInnen und Publikum sind nicht einfach da, sondern müssen sich entwickeln können bzw. gebildet werden. Kulturelle Bildungsarbeit gehört zur kommunalen Grundversorgung. Sie braucht langfristig funktionierende und gesicherte Strukturen und Leistungstandards. Finanzierung über Sponsoren funktioniert hier nicht. Träger dieser Grundlagenarbeit sind v.a. Bibliotheken, Archive, Musikschulen, Weiterbildungsträger, aber auch Theater und Museen haben einen öffentlichen Bildungsauftrag. Eine Unterwerfung unter Marktgesetze ist hier völlig fehl am Platze. Künstlerische Entwicklung erfordert Freiräume. KünstlerInnen müssen sich ausprobieren können, dürfen nicht ständig gezwungen sein, sich zu verkaufen. d) Nochmal zum Thema Privatisierung: Der Verkauf von städtischen oder staatlichen Kulturgütern an Private bedeutet einen Verkauf des von allen BürgerInnen im Laufe der Jahrzehnte (bei Archiven und Museen z.T. Jahrhunderten) angelegten gemeinsamen Besitzes, also eine Enteignung öffentlichen Eigentums. e) Zum Schluss: Gerade in der Wüste sind Leuchtürme zur Orientierung überlebenswichtig. BEATRIX KLEIN, Köln