Ratschlag aus dem Ruhrpott

Beim Bundeskongress von attac diskutieren Globalisierungskritiker über Sozialabbau, die Zukunft der EU und weltwirtschaftliche Alternativen. Etwa 250 Anhänger werden in Essen erwartet

VON NATALIE WIESMANN

Das Ruhrgebiet ist an diesem Wochenende Gastgeber des attac-Bundeskongresses „Ratschlag“. In der Essener Gesamtschule Holsterhausen wollen etwa 250 Mitglieder und Sympathisanten über deutsche und internationale Schieflagen debattieren und neue Aktionen planen. Und die Turnhalle wird zum Massenschlafquartier umfunktioniert.

„Das Ruhrgebiet ist ein geeigneter Ort für einen Kongress von attac“, sagt Hans-Peter Leymann-Kurtz, Ex-Grüner und Essener Bürgermeister. Hier zeigten sich die negativen Auswirkungen der Globalisierung deutlich: Obwohl im Revier 13 der 100 größten deutschen Firmen ansässig seien, hätten die Kommunen kein Geld. „Denn die großen Firmen zahlen keine Gewerbesteuern.“ Auch die umstrittenen Cross-Border-Leasing-Deals sollen thematisiert werden.

Am Samstag morgen sind Referate über einen möglichen Schuldenerlass für ärmere Länder, zu den Kräfteverhältnissen in Europa und soziale Bewegungen in Deutschland vorgesehen. Die 20 Themen der Workshops am Nachmittag reichen von der Privatisierung über wirtschaftliche Folgen der EU-Weiterung zu feministischen Gesichtspunkten der Globalisierung. Doch beim Reden soll es nicht bleiben: „Wir wollen einen Fragenkatalog entwickeln, den wir den EU-Kandidaten vor der Wahl im Juni vorlegen werden“, sagt attac-Sprecher Malte Kreutzfeldt. Die angehenden Europa-Parlamentarier sollten dadurch zu internationalen Handelsabkommen Position beziehen. Auch soll ein Konzept für eine „Solidarische Einfachsteuer“ entwickelt werden.

Die ersten deutschen Attac-Gruppen bildeten sich vor vier Jahren, die Essener Ortsgruppe hat sich im November 2001 gegründet. Das neugegründete Netzwerk „attac ruhr“ versucht etwa 1.000 Mitglieder aus 17 Ortsgruppen mehrmals im Jahr an einen Tisch zu bekommen. „Die Probleme im Ruhrgebiet sind überall die gleichen“, sagt attac-ruhr-Koordinatorin Claudia Jetter. Seit den großen Protestaktionen gegen die Sozialkürzungen des Bundes steigt die Zahl der attac-Anhänger: In den letzten Monaten seien laut den Veranstaltern wöchentlich 100 neue Mitglieder dazu gekommen.