Orthopädischer Sumpf

Krach mit aufständischen Kiefer-Klempnern spitzt sich zu: Krankenhäuser und Vermittlungsstellen sollen eingreifen

HANNOVER taz ■ Der Krach mit den niedersächsischen Kieferorthopäden im Ausstand spitzt sich weiter zu. „Den Sumpf der Kieferorthopäden werden wir trockenlegen können“, versuchte sich gestern die AOK-Geschäftsführerin Brigitte Käser im Drohgebärden. Aus Protest gegen die seit Januar geltende neue Honorarordnung haben 47 von 245 Kieferorthopäden im Land ihre Kassenzulassung zurückgegeben und versuchen nun, ihre Patienten zu meist kostspieligen Privatabrechnungen zu bewegen. Inzwischen haben sie in anderen Bundesländern Nachahmer gefunden. In Niedersachsen scheint es vor allem in den Regionen Cuxhaven, Hildesheim und um Hannover Versorgungsengpässe zu geben, da dort mehr als die Hälfte aller Kiefer-Klempner nicht mehr mit Chipkarte arbeiten. Der Rest der Fach-Zahnärzte hat lange Wartelisten. Kieferorthopäden verdienen nach Angaben aus den eigenen Reihen jährlich bis zu etwa 180.000 Euro – mehr als normale Zahnärzte. Die Honorarsenkungen sollen bis zu 40 Prozent ihrer bisherigen Bezüge ausmachen.

Helfen könnte eine Patientenvermittlungsstelle, wie sie gestern die Spitzenverbände der Kassen von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KZVN) forderten. Diese Stelle müsse den gesetzlich Versicherten freie Behandlungsplätze bei den Ärzten mit Kassenzulassung zuweisen. Gleichzeitig kritisierte die KZVN, dass die Patienten so nur „hin- und hergeschoben“ würden.

Der Vorsitzende der KZVN, Karl Horst Schirbort, konterte, der Vorschlag der Kassen sei wenig sinnvoll. Die Ärzte, zu denen zugewiesen werden könne, wären wohl nicht nur „die Besten und moralisch Gefestigten“. Gleichzeitig betonte er, der „Stein wäre aus dem Weg geräumt“, wenn die Zahnärzte weiter zu alten Konditionen mit den Kassen abrechnen könnten.

Die Lücken in der Versorgung der Patienten sollen außerdem Krankenhäuser schließen. Die Kassen wollen Versorgungszentren in den Kliniken aufbauen. Mit einigen Krankenhäusern seien bereits Gespräche aufgenommen worden, sagte der Chef des Ersatzkassenverbandes VdAK in Niedersachsen, Jörg Niemann. „Eine realistische Perspektive“ sei auch das Anwerben von Kieferorthopäden aus osteuropäischen EU-Ländern.kai schöneberg