Teamarbeit ohne Platzhirsch

Im Berufsfeld Trainer gibt es viele schwarze Schafe. Das sagt Claus Nowak, Honorarprofessor an der HWP und selbst freiberuflicher Trainer. Die taz sprach mit dem Dozenten über den „Train-the-Trainer“-Boom in der Erwachsenenbildung

„Zweifelhafte Institute bieten schnelle oberflächliche Instant-Ausbildungen“

Interview: Stephanie Janssen

taz: Herr Nowak, darf ich Sie jetzt als „Train-the-Trainer“-Trainer bezeichnen?

Claus Nowak: Ja, aber Sie können mich auch Trainertrainer nennen.

Die neue „Train the Trainer“ (TtT)-Ausbildung an der Universität für Wirtschaft und Politik, kurz HWP, haben Sie mit konzipiert, um der Unübersichtlichkeit im Weiterbildungsmarkt-Markt etwas entgegenzusetzen. Gibt es schwarze Schafe auf dem Markt?

Ich weiß von vielen Organisationen, die mit Trainern und Beratern schlimme Erfahrungen gemacht haben.

Welcher Art?

Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Jeder kann Hochglanzprospekte drucken und sich auf dem Markt als Trainer anbieten. Manche nehmen ein Buch, ziehen die Seiten auf Folie, geben aber das Buch nicht als Quelle an. Diese Folien werden dann als Weiterbildung im Führungsbereich oder in der Teamentwicklung angeboten. Solche Manuskripte habe ich selbst schon gesehen. Oder zweifelhafte Institute bieten schnelle oberflächliche Instant-Ausbildungen an und lassen die Leute dann mit dem Titel Trainer durch die Gegend laufen.

Was muss ein Trainer können?

Er muss zunächst einmal im Vorfeld selbst einen Gruppenprozess als Teilnehmer erlebt und reflektiert haben, also eine gruppenpsychologische Kompetenz erwerben. Aber es gehört auch die Fähigkeit zum Aufbau eines didaktisch-methodischen Spannungsbogens dazu. Ein guter Trainer hält die Balance zwischen seinem inhaltlichen roten Faden, der Interaktion in der Gruppe und den Bedürfnissen der einzelnen Teilnehmer. Viele dieser Prozesse dienen der Persönlichkeitsentwicklung. Da hat der Trainer eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.

Warum boomt der Trainermarkt?

Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass vor allem in den so genannten Soft Skills, also Konfliktfähigkeit, Teamfähigkeit und Kommunikationskompetenz, der Schlüssel zum Erfolg eines Unternehmens liegt. Ein weiterer Grund ist die Zunahme von Projektarbeit, die ein hohes Maß an sozialer Kompetenz erfordert. Menschen müssen sehr schnell in einer Gruppe komplexe Aufgaben miteinander bewältigen, ohne erst einmal den Platzhirschen auszukämpfen. Zusätzlich steht der Begriff des lebenslangen Lernens, auch um die eigene Arbeitsplatzfähigkeit zu erhalten, immer mehr im Zentrum.

An welche Lehrenden oder Dozenten richtet sich ihr Angebot?

Unsere Zielgruppe sind Menschen, die als Lehrende Fachinhalte mit Persönlichkeitsentwicklung verbinden, zum Beispiel überall dort, wo es um Kommunikations- und Steuerungsprozesse geht. Also weniger Fitnesstrainer. Zu meinen Weiterbildungen kommen Lehrer, Betriebswirte, Theologen, Psychologen, Pädagogen, Sozialpädagogen, Buchhändler und Philosophen, die sich gruppenpädagogisch und beraterisch professionalisieren wollen.

Halten Sie denn die Didaktik-Ausbildung an den Universitäten für unzureichend?

Ja, in der Lehre gibt es ein weitgehendes didaktisch-methodisches Brachland, auch bei Menschen, die Pädagogik und Psychologie unterrichten. Das ist aber auch selten Teil der Ausbildung von Hochschullehrern. Ich habe selbst eine Reihe von Methodentrainings für Hochschullehrer durchgeführt und weiß um die Defizite. Deswegen gibt es ja die neue TtT-Ausbildung, denn hier handelt es sich um ein Feld, das die Hochschule nur unzureichend abdeckt.

Die Industrie- und Handelskammer vergibt bereits ein Zertifikat für Trainer. Steigert ein weiteres Zertifikat nicht die von Ihnen angeprangerte Unübersichtlichkeit des Marktes?

Die Unübersichtlichkeit wird dadurch natürlich nicht kleiner. Uns geht es vor allem darum, eine Qualität anzubieten, die auch universitären Standards genügt

Halten Sie es für seriös, dass schon qualifizierte Bewerber sich für insgesamt 225 Euro das Uni-Zertifikat direkt kaufen können?

In dem Augenblick wo eine Organisation für sich einen anerkannten Qualitätsstandard formuliert, ja. Da solche Zertifikate auch von Unternehmen gefordert werden, muss es auch die Möglichkeiten geben, es zu bekommen, ohne die gesamte Weiterbildung zu machen – wenn man die Standards erfüllt.

Die Fachbegriffe in der Trainerausbildung kommen häufig aus dem Englischen. Wieso?

Da haben sich Standards durchgesetzt, die auf Deutsch oftmals nicht adäquat formuliert werden können. Ich selbst bevorzuge deutsche Bezeichnungen da, wo es möglich ist.

Stammt der Trainerberuf ursprünglich aus dem anglo-amerikanischen Raum?

Ja, viele Verfahren und Methoden kommen von dort. Aber ihren Ursprung haben sie häufig im Deutschland der 20er und 30er Jahre. Viele Mütter und Väter der heute gebräuchlichen Verfahren sind aus Nazi-Deutschland vor allem in die USA emigriert. Dort wurden ihre oftmals eher theoretischen Ansätze mit einer guten Portion Praktikabilität versehen. Und von dort sind die Konzepte vorwiegend in den 60er und 70er Jahren hierher zurückgekehrt.