Himmel und Hölle – eine Gebrauchsanleitung

Niemand wird etwas anderes behaupten, als dass Werder heute Deutscher Meister wird. Schon gar nicht die taz. Eine kurze Gebrauchsanweisung für den meisterlichen Tag, samt einer ausgefuchsten Bastelanleitung für Himmel und Hölle – und einem klitzekleinen Plan B, falls alles doch ganz anders kommt

Bremen taz ■ Today ’s the day. Werder kann heute im Spiel gegen Bayern Meister werden. Aber nur 8.000 Werder Fans haben eine Karte fürs Olympia-Stadion ergattert. Wir anderen können trotzdem etwas tun. Wenn alle beim taz-Tagesplan mitmachen, das hat unser Schwingungsberater harausgefunden, gelangen die weiß-grünen Vibrations über Hannover-Kassel-Ulm direkt ins Münchner Zentrum. Es geht lohos!

9.30 Aufstehen, etwas Grünes angucken, unter der Dusche „Die Meisterschale glänzt schon“ schmettern. Keine Angst vor den Nachbarn – die tun schließlich dasselbe.

10.15 Frühstücken. Brot mit Frischkäse bestreichen und aus Kresseblättchen ein schwungvolles „W“ darauf formen. Nebenbei das Himmel-und-Hölle-Spiel auschneiden, wie beschrieben anmalen und falten.

11.00 Einkaufen. Spinat, Petersilie, Salatgurken, Scha(a)fskäse, Naturjoghurt, Milch und Weißbrot besorgen und später im Kühlschrank Weißes und Grünes abwechseln. Beim Einkaufen spontane Grüppchen bilden und Werder-Lieder singen. Z.B.: „Er kommt nach Haus. Er kommt nach Haus. Fußball kommt nach Haus. / Das W auf dem Trikot. Die Meisterschale glänzt noch. Jahre voller Frust, doch Werder wir komm’ wieder...“

13.00 Ein Schläfchen halten, die Nacht könnte lang werden. Vorher mit großer Konzentration gute Gedanken nach München schicken.

14.15 Ruhig, siegessicher und besonnen zum Domshof schlendern. Sollte dennoch Nervosität im Spiel sein: Das Himmel-und-Hölle-Spiel auf- und zuklappen. Gelegentlich ein „Armes Bayern“, „Geld macht nicht glücklich“ murmeln.

15.30 Mit den anderen 25.000 Menschen auf dem Domshof vor der Riesenleinwand das Spiel anpfeifen. Aus mehreren Gründen versuchen, nicht hinter Henning Scherf zu stehen. Keine Regenschirme mitnehmen! Streit mit dem Nachbarn stört die Schwingungen empfindlich. Kindern einen guten Platz verschaffen. Sollten die Bayern am Zug sein, ein düsteres „Jo mei, des wird hoit wieder nix“ murmeln, bis Bayern den Ball los ist. Gegen Nervosität hilft: Das Himmel-und-Hölle-Spiel öffnen und schließen. Die ersten zwei Werder-Tore stürmisch, aber nicht hysterisch bejubeln. Danach ist egal, wie sie jubeln.

17.08 Gemeinsam das Spiel abpfeifen. Vor Freude weinen. In kleinen Grüppchen den falschen Elfer verarbeiten, der zum Bayern-Tor in der 63. Minute führte.

17.20 - 21.00 Frei zur Verfügung

21.00 Aufbruch zum Flughafen. Auf der Fahrt das Himmel-und-Hölle-Spiel in kleine Teile zerreißen.

21.30 Jubeln, dass die Schwarte kracht im Angesicht der Meister-Spieler. Himmel-und-Hölle-Konfettis über die Häupter streuen. Feiern.

Plan B: Werder hat verloren, weil ein brandneues Gerät aus der Münchner Rüstungsschmiede „Erax“ die Good Vibrations abgefangen hat. Himmel-und-Hölle-Spiel aufbewahren und dann halt am 15. Mai feiern. hey