Mangel an Lernfähigkeit

betr.: „CDU kämpft mit dem Irak“, „Nachkriegs-Merkel ist Vorkriegs-Merkel“, taz vom 27. 4. 04

Angesichts der zur Teilnahme am Irakkrieg auffordernden Worte, die Frau Merkel vor einem Jahre wiederholt von sich gegeben hat, ist es psychologisch wahrscheinlich verständlich, dass sie heute hartnäckig der Frage ausweicht, ob sie den Krieg für richtig halte, insbesondere in Kenntnis der seither bekannt gewordenen Tatsachen. Wer bekennt sich schon gern zu offensichtlichen Fehlurteilen in der Vergangenheit?!

Dass sie sich stattdessen jedoch nicht scheut, ihre alte Kritik an Schröder neu aufzulegen, nämlich dass dessen frühes Nein zum Irakkrieg eine Spaltung Europas befördert habe, ist angesichts der inzwischen bekannt gewordenen Tatsachen zum Irakkrieg nicht mehr mit einfacher Psychologie zu erklären, sondern ist schlichtweg eine Unverfrorenheit und offenbart einen Mangel an Lernfähigkeit. Glaubt sie ernsthaft, es habe eine Versöhnung zwischen der Haltung von Blair und Aznar auf der einen Seite und der von Schröder und Chirac auf der anderen Seite geben können? Ich denke, sie weiß es selbst besser, will aber ihr eigenes Fehlurteil nicht eingestehen. Doch es gibt Leute im Lande, die die Szene vor laufenden Kameras vor einem Jahr nicht vergessen haben: Damals erklärte Frau Merkel, wenn sie es zu sagen hätte, würden deutsche Soldaten an der Seite der amerikanischen in den Irak einmarschieren. Ein Journalist fragte sie daraufhin: Ob ihre Bereitschaft zum Einmarsch in den Irak auch gelte angesichts der möglichen Konsequenzen. Ihre Antwort war hinreichend klar und deutlich: Ihre Aussage gelte natürlich auch angesichts möglicher Konsequenzen. Welch ein Glück, dass sie es damals nicht zu sagen hatte!! Wie vielen deutschen Soldaten mag dieser Umstand das Leben gerettet haben? RUDOLF KAISER, Hildesheim

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