Rechnung ohne Wirt gemacht

Der Umbau der Kunsthalle verzögert sich abermals: Gestern hat das Landgericht einen Eilantrag abgewiesen, mit der der Pächter des Cafés „Kukuk“ zum Umzug gezwungen werden sollte

Von Henning Bleyl

Das Landgericht hat den Eilantrag der Kunsthalle gegen den Inhaber des Cafés „Kukuk“ zurück gewiesen, dieser muss seinen Gastronomiebetrieb im Erdgeschoss des derzeitigen Kunsthallen-Anbaus nicht räumen. Doch ohne dessen Abriss kann der seit Jahren geplante Umbau des Museums nicht beginnen.

Bereits 2005 war in einem europaweit durchgeführten Wettbewerb die künftige Gestalt des Hauses definiert worden: Zwei seitliche sechsgeschossige Baukörper sollen die ursprüngliche Symmetrie des 1849 errichteten Gebäudes wieder herstellen, dringend benötigte Flächen für Werkstätten, Museumspädagogik und Depots schaffen sowie die Einhaltung der Sicherheitsstandards für Kunstanlieferungen ermöglichen. Dafür wurden in einem zähen Prozess 30 Millionen Euro aus Bremen, Berlin und von Privatleuten gesammelt. Wie kann ein einzelner Wirt das Vorhaben so nachhaltig durcheinander bringen?

Jean Moschouris, der das „Kukuk“ seit acht Jahren betreibt, sieht sich durch den Umbau in seiner Existenz gefährdet. Er sei zu spät über die konkreten Planungen informiert worden, sagt sein Steuerberater Peter Aust, der die Summe von 995.000 Euro als „angemessene Entschädigung“ für seinen Mandanten angibt. Schließlich müsse Moschouris nicht nur den Verdienstausfall erdulden, sondern auch MitarbeiterInnen entschädigen und andernorts eine neue Existenz aufbauen. Moschouris möchte keinesfalls in das künftige Café umziehen, das 20 Meter weiter in der bisherigen Kunsthallen-Bibliothek eingerichtet wird. Aust: „Die jetzige Lage am Wasser ist ideal, außerdem hat das künftige Café zu schmale Türen und keine Glasfassade.“ Noch im September 2007 sei Moschouris‘ Pachtvertrag bis 2020 verlängert worden.

Die Kunsthalle bezweifelt keineswegs Moschouris „legitime Ansprüche“ auf Entschädigung, wie deren Direktor Wulf Herzogenrath betont. Allerdings seien sie eher auf 200 bis 300.000 Euro zu veranschlagen. Das habe Moschouris zurückgewiesen, ebenso wie das Angebot des „Club zur Vahr“, die etwa zweijährige Schließungszeit dort zu überbrücken. Geradezu überraschend sei Moschouris Ablehnung des künftigen Café-Standorts, sagt Gerhard Harder, im Vorstand des Kunstvereins für Baufragen zuständig: Bei gemeinsamen Planungen mit einem vom Kunstverein gestellten Innenarchitekten habe sich Moschouris zunächst „begeistert“ gezeigt. Deswegen habe der Kunstverein auch auf die jetzt vom Gericht als fehlend monierte Kündigung für die bisherigen Räumlichkeiten verzichtet.

Als letzte, eher formal gesehene Hürde für den Umbau galt immer die Etat-Billigung des Kulturstaatsministers durch den Bundestag – Bernd Neumann trägt ein Drittel der Investition. Doch kaum war alles über die parlamentarische Bühne, meldete Moschouris Widerspruch sowie Ansprüche auf zunächst sogar 1,3 Millionen Euro an. Hat der Kunstverein – da das gegenseitige Goodwill offenbar gescheitert ist – auch auf formaler Ebene sorgfältig genug geplant? „Ich habe mir diesbezüglich nichts vorzuwerfen“, sagt der frühere SWB-Chef Harder, zudem habe man sich immer um ein faires Vorgehen bemüht.

Einen Tag vor Heiligabend scheiterte bereits der Versuch einer Einigung im Rahmen eines Gütetermins, gegen das gestrige Urteil will der Kunstverein schnellstmöglich Berufung einlegen. Während Harder trotz des engen Zeitplans – seit Dezember ist das Haus geschlossen, Anfang Januar sollten ursprünglich die Baumaßnahmen beginnen – demonstrativ Ruhe und Gleichmut bewahrt, lässt sich Herzogenrath von Radio Bremen mit den Worten zitieren: „Das ist eine primitive Erpressung.“