Türkei beugt sich Menschenrechts-Gerichtshof

Ankara will Entschädigung für Vertreibung von Zypriotin zahlen, daraus aber keinesfalls ein Prinzip machen

BERLIN taz ■ Die türkische Regierung ist weiterhin bemüht, ihr Verhältnis zu europäischen Institutionen zu entspannen. Profitieren könnte davon schon bald die griechische Zypriotin Titina Loizidou, die 1974 von der türkischen Armee aus ihrem Haus im Norden der Insel vertrieben wurde. Schon 1998 urteilte der in diesem Fall angerufene Europäische Menschenrechts-Gerichtshof in Straßburg, dass die Türkei für die Vertreibung 900.000 US-Dollar Entschädigung zahlen muss. Doch erst jetzt kündigte die Türkei an, dass man zur Zahlung der Summe plus Zinsen bereit ist.

Bislang hatte die Türkei argumentiert, nicht sie, sondern die Türkische Republik Nordzypern sei für den Fall zuständig. Das widerum hatte das Gericht zurückgewiesen, weil das Land von der Türkei abhängig sei.

Vor dem Menschenrechts-Gerichtshof sind derzeit noch rund 3.000 weitere Klagen zyperngriechischer Flüchtlinge anhängig. Äußerungen aus Ankara lassen erkennen, dass man dort keinesfalls bereit ist, in allen diesen Fällen eine Kompensation zu leisten. So kündigte Außenminister Abdullah Gül an, auf Nordzypern sollten entsprechend Gerichte für diese Fälle eingerichtet werden. Dies widerum stößt auf den Protest der Republik Zypern. Die dortige Regierung warf der Türkei eine Irreführung vor: Da Nordzypern international nicht anerkannt sei, könnten dort auch keine Justizorgane Entscheidungen über Eigentumsrechte fällen. „Kein Zypriote wird in diese von Ankara gelegte Falle gehen“, sagte Regierungssprecher Chrysostomides.

Der Streit um Eigentumsrechte sollte ursprünglich durch einen UN-Plan zur Wiedervereinigung Zyperns beigelegt werden. Er sieht Entschädigungszahlungen für vertriebene Griechen und Türken auf der Insel vor. Die Initiative scheiterte jedoch im Frühjahr am Widerstand der zyperntürkischen Regierung und liegt derzeit auf Eis. KLH