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: Champagner von den Scampi-Bayern

Der SV Werder Bremen ist deutscher Meister – auf Augenhöhe mit den Münchnern ist er damit nicht angekommen

Ob es denn nun Champagner sei oder doch nur Sekt, wurde Klaus Allofs am frühen Abend des großen Tages gefragt, und der Sportdirektor des deutschen Fußball-Meisters musste nicht lange überlegen, um eine zielgenau Antwort zu setzen: „Natürlich Champagner“, ließ Allofs fröhlich wissen, „sind ja schließlich die Bayern.“ Nun hatten die zwar gerade Spiel und Meisterschaft vergeigt, zeigten aber zumindest in der Stunde der Niederlage Größe: Da die neuen Meister aus Bremer lediglich Bier mit im Gepäck hatten, halfen Hoeneß und Co. großzügig mit jenem Luxusgesöff aus, das in München sonst nur in den Logen der Schickis und Mickis ausgeschenkt wird.

Den Bremer Spielern, so wird kolportiert, hat der Nobelsprudel durchaus gemundet, jedenfalls mussten gleich mehrere Kartons in die Kabine gekarrt werden. Auf der anderen Seite ist es mehr als passend, dass sie sich selbst nach diesem wunderbaren Triumph an Hopfen und Malz hatten schadlos halten wollen. Als Alternative wäre bestenfalls eine Pfütze Sekt durchgegangen, trocken natürlich. So trocken wie Meistertrainer Thomas Schaaf. Geperlt, um im Bild zu bleiben, haben die Bremer jedenfalls nur auf dem Platz, nicht immer, aber allemal öfter als die Bayern. Deshalb sind sie nun, zwei Spieltage vor dem eigentlichen Ende, verdient Meister geworden, jener der Herzen sowieso.

Und sonst? Sonst ist gar nichts passiert. Und schon gar nicht sind die Bremer plötzlich auf Augenhöhe angekommen mit den Münchnern, eher das Gegenteil wird der Fall sein, Anzeichen dafür gibt es bereits: Mladen Krstajic, der ruhende Pol in der Meisterabwehr, wechselt nach Schalke, auch Ailton, der Torjäger, den sie „007“ nennen, wird nächste Saison dort unglücklich werden; selbst die Zukunft von Johan Micoud, dem divenhaft launischen Weser-Zidane, scheint noch offen. Trainer Schaaf und Manager Allofs werden die Abgänge im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten zu kompensieren versuchen, ob ihnen das adäquat gelingt, bleibt offen, die Verpflichtung von Stürmer Miroslav Klose lässt anderes zumindest befürchten: Klose mag Nationalmannschaftsstürmer sein, im Vergleich zu Ailton aber ist er nicht mehr als „null null dreieinhalb“. Erschwerend hinzu dürfte kommen, dass die Bayern nun mächtig böse sind – und nächste Saison garantiert zurückschlagen werden: neuer Trainer, neue Spieler, neuer Titelhunger. Das Geld dazu haben sie ja.

So ist diese Meisterschaft nichts anderes als eine Momentaufnahme. Und so wunderbar der Moment ist, so kurz dürfte er auch sein. Deshalb: Schnell noch ein Gläschen Champagner. Auf Werder! FRANK KETTERER