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Eintracht Frankfurt verliert in Hannover mit 0:3 und kann somit frühzeitig für die Zweite Liga planen

HANNOVER taz ■ Die hinteren Reihen der Liga lichten sich, Eintracht Frankfurt wird als zweiter Aufsteiger die Rückkehr in die Etage drunter kaum noch verhindern können. Nachdem schon die Kölner vor einem Monat durch das etwas unglückliche 0:1 in Hannover gesenkten Hauptes und bar jeder Hoffnung die Heimreise antraten, sind nun auch die Chancen der Eintracht durch das 0:3 bei den 96ern auf null Komma irgendwas Prozent gesunken. Die Theorie gönnt den Frankfurtern zwar noch eine Galgenfrist, aber niemand, der die Mannschaft am Samstag im ehemaligen Niedersachsenstadion gesehen hat, traut ihr zu, dass sie den Abstand von sechs Punkten auf Platz 15 noch wettmachen kann. „Es wäre fahrlässig, wenn wir nicht unsere Restchance sehen würden“, meinte der enttäuschte Eintracht-Manager Bruchhagen, aber es fehle „an vielen Dingen, die den Klassenerhalt rechtfertigen würden“.

War Hannover so stark oder Frankfurt so schwach? Beides. Von Beginn an initiierten die Hannoveraner einen Angriff nach dem anderen, kombinierten direkt und variabel, sodass sich mancher auf den Rängen die Augen rieb: So energisch, so gut hatte man die Roten lange nicht gesehen. Woran lag’s? Ewald Lienen, zu dessen Lieblingsvokabeln Aggressivität, Konzentration und Leidenschaft gehören, hatte der Kreativität zu neuer Blüte verholfen. An der hatte es in den vergangenen Begegnungen weiträumig gemangelt. Abgesehen von dem durch Cherundolos Sperre zu erwartenden Einsatz von Schröter hatte Lienen dafür Zentrum und Offensive umgekrempelt: Statt Lala, But, Stendel und Christiansen sollten Jaime, Mathis, Idrissou und Dabrowski für Frischluft sorgen. Eine kluge Entscheidung, das Vakuum im Mittelfeld war jedenfalls wie weggeblasen.

Aber trotz der vielfältigen Möglichkeiten der Gastgeber schlug der Lautstärke-Pegel bis zur 42. Minute nur dann in extreme Höhen aus, wenn der jeweils aktuelle Zwischenstand aus München aufleuchtete. „Norddeutsch by nature“ jubelte die ausverkaufte Arena bei jedem Werder-Treffer dem neuen deutschen Meister zu. Entsprechend war stimmungsmäßig alles vorbereitet für das erlösende 1:0. Idrissou – umstritten beim bodenständigen hannoverschen Publikum ob seiner Eleganz, die oberflächlich betrachtet so wenig nach Schweiß und Arbeit aussieht, aber umso wertvoller ist – war plötzlich rechts an der Eckfahne aufgetaucht, passte flach und präzise in den Fünfer zu Brdaric, der direkt einschoss. Torwart Pröll, seit Ewigkeiten nicht eingesetzt und gleich der beste Frankfurter, war machtlos.

Aue, Burghausen, Fürth – in der Pause warfen sich die Kollegen aus Frankfurt sarkasmusgeschult schon die Reiseziele zu, die mutmaßlich in der nächsten Saison in ihren Kalendern notiert sein werden. Um das abzuwenden, verwandelte Eintracht-Trainer Reimann seine Vierer- in eine Zweierkette, brachte für Bürger und Günther die Stürmer Frommer und Cha. Tatsächlich konnte seine Mannschaft das Spiel eine Weile offener gestalten, Chris bugsierte sogar einen Ball über die Linie – oder doch nicht? Die Frankfurter hatten ihn „sooo weit“ drin gesehen; Schiedsrichter Stark entschied sich dagegen. Der rettende De Guzman antwortete auf die Frage, ob der Ball hinter der Linie gewesen sei, sibyllinisch: „Ich war hinter der Linie.“ Die fehlende Anerkennung des Treffers mag ungerecht sein, aber wer den Aufstieg seinerzeit am letzten Spieltag durch ein Tor in der 93. Minute bewerkstelligt hat, der muss sich eventuell den Spruch „So ist halt Fußball und am Ende gleicht sich alles aus“ auch in diesem Moment anhören.

Die Uhr schlug fünf, als Hannover nachlegte. Von Jaime steil bedient, startete Brdaric knapp vor der Mittellinie, schloss sein Solo mit dem 2:0 ab und steht jetzt hinter Max als zweitbester Torjäger mit deutschem Pass in der Liste. Idrissous 3:0 eine Minute vor Schluss war dann das, was man eine Formsache nennt. Das lässt sich über den Klassenerhalt der 96er noch nicht sagen, aber etliche Prozent Wahrscheinlichkeit sind dazugekommen.

DIETRICH ZUR NEDDEN