Torhüter Oliver Kahn und Manager Uli Hoeneß haben das Image von der gnadenlosen Siegmaschine FC Bayern München geprägt. Nun müssen Olli und Uli aufpassen, dass sie nicht als Komikerduo enden

Früher nannte man Oliver Kahn den „Titan“. Spätestens seit Samstag darf man „Pannen-Olli“ zu ihm sagen. Da leitete der Torwächter des FC Bayern München sowie des deutschen Nationalteams wieder einmal das Unheil für seine Mannschaft in einem wichtigen Spiel ein.

Bekanntlich konnte der vermeintliche Keeper schon im WM-Finale 2002 gegen Brasilien (0:2) den Ball nicht festhalten, auch im Achtelfinal-Hinspiel dieser Champions-League-Runde gegen Real Madrid (1:1) entglitt ihm die Kugel auf verhängnisvolle Weise. Und nun, gegen Werder Bremen, ließ er einen nicht sonderlich scharf getretenen Pass von Ailton abprallen, womit er Ivan Klasnic die Vorlage zum 1:0 gab und Werder Bremen letztlich zum 3:1 und dem vorzeitigen Titelgewinn verhalf. Beim FC Bayern (und übrigens auch beim DFB) müssten sie sich allmählich von dem Glauben verabschieden, Kahn sei ein Weltklasse-Torwart. Konsequenterweise sollten sie auch gleich den bald 35-Jährigen verabschieden und ihn mitsamt Uli Hoeneß in den Vorruhestand schicken.

Vor allem Uli und Olli sind es ja gewesen, die das Image des FC Bayern geprägt haben in den vergangenen Jahren: mit ihrer Aufgeblasenheit, ihren Sprüchen. Am Samstag hat sich gezeigt, dass sie damit nicht mehr ankommen. Hoeneß hatte ja am vorigen Wochenende angedroht, sein FC Bayern werde Bremen „niedermachen und wegfegen“; und Kahn hatte am Freitag nachgelegt. „Es sieht so aus, als ob die Worte in Bremen nicht angekommen sind, sondern nur uns nervös gemacht haben“, sagte Mittelfeldspieler Michael Ballack am Samstagabend und deutete damit an, dass Manager und Kapitän die Mannschaft entweder gar nicht mehr erreichen mit ihren Worten – oder zumindest anders, als sie es sich vorstellen. Uli und Olli müssen jedenfalls aufpassen, dass sie in der Unterhaltungsbranche Profi-Fußball künftig nicht als Komiker firmieren, als Dick und Doof zum Beispiel.

Wenn der Trainer die Mannschaft nicht mehr erreicht, wie es im Fußball-Jargon heißt, dann erreicht er mit ziemlicher Sicherheit das Ende seines Engagements. Über Ottmar Hitzfelds Zukunft beim FC Bayern München wird viel spekuliert, trotz des bis 30. Juni 2005 laufenden Vertrages. Aber Hitzfeld ist das kleinste Problem, wenn sie beim FC Bayern einen großen Schnitt machen wollen.

Wollen sie das? Eher nicht, wie den angebotenen Vertragsverlängerungen für die ewigen Rekonvaleszenten Mehmet Scholl (33 Jahre, fünf Kurzeinsätze in dieser Saison) und Alexander Zickler (30, null Spiele) zu entnehmen ist. Uli Hoeneß preist so etwas gern als Lohn für frühere Verdienste und soziale Maßnahme des FC Bayern, aber sozial wäre es, solchen verletzungsanfälligen Spielern beim Wechsel ins Berufsleben nach dem Sport zu helfen. Und dem Klub würde es ermöglichen, den Kader aufzufrischen. Für Scholl könnte sowieso schon jetzt der Angreifer Roque Santa Cruz die Position des ewigen Talents übernehmen.

Nach dem Gewinn der Champions League vor drei Jahren haben die Bayern-Bosse einen Umbruch angekündigt, allmählich aber bricht die Mannschaft ein. Gut, man ist Bundesligazweiter, die Champions League ist wieder in Reichweite. Aber in dieser Saison haben sie erstmals seit langem keinen Titel gewonnen. Und wen holen sie nun als große Stütze? Es ist doch sowieso eine Mär, dass der erfolgreichste Klub Deutschlands auch immer die besten Spieler verpflichtet und die größten Talente entdeckt. Aber für einen Roy Makaay hat Uli Hoeneß schon zehn Stürmer verpflichtet vom Kaliber eines Rudolfo Valencia, den sie in München „Entlauber“ nannten, weil er beim Torschusstraining die Blätter von den umstehenden Bäumen wegfegte.

Für die kommenden Saison haben sie den Iraner Vashed Hashemian vom VfL Bochum verpflichtet, Kampfname: „Hubschrauber“. Das lässt einiges befürchten beim Torschusstraining. Aber Hashemian kann doch nichts dafür, wenn er fehl am Platz sein sollte. Bei Mittelfeldmann Michael Ballack haben die Bayern-Verantwortlichen auch erst in diesem Winter anhand alter Videoaufzeichnungen entdeckt, dass der in seiner großen Zeit bei Bayer Leverkusen auf einer ganz anderen Position spielte. Die späte Erkenntnis hat freilich niemanden davon abgehalten, weiter an Ballack rumzunörgeln und ihn vollends zu verunsichern.

Wären sie beim FC Bayern mutig, würden sie ihre Vorstandsleute auswechseln.

Oder ihnen wenigstens die Superlative abgewöhnen. Dem Rekordmeister täte es nur gut, wenn er mal eine Zeit lang etwas bescheidener und demütiger aufträte. Aber dazu müssten Uli Hoeneß und Olli Kahn eine Saison lang schweigen, was ja nicht zu erwarten ist.

Obwohl die beiden am Samstag einen guten Anfang gemacht haben: Sie gratulierten den Bremern und gingen heim.

JOACHIM MÖLTER