Warten auf schlechte Steuerschätzung

In dieser Woche hat Rot-Grün Gewissheit über neue Löcher im Landeshaushalt 2004/05: „Die Lage ist dramatisch“

DÜSSELDORF taz ■ Die rot-grüne Landesregierung muss bei der Steuerschätzung am kommenden Donnerstag mit dem Schlimmsten rechnen. Bereits wenige Wochen nach der Verabschiedung des NRW-Doppelhaushalts 2004/2005 muss der Etat wegen einbrechender Steuereinnahmen nachgebessert werden. „Wir müssen die Steuerschätzung abwarten, aber ich rechne mit erheblichen Steuerausfällen“, so Edith Müller, finanzpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, zur taz. Die Lage sei dramatisch. „Es ist eher unwahrscheinlich, dass sich NRW vom Bundestrend abkoppeln kann“, rechnet auch SPD-Finanzpolitikern Gisela Walsken mit NRW-Haushaltsproblemen nach der Steuerschätzung.

Strittig ist, wie die Landesregierung mit der Haushaltslage umgehen soll. Im vergangenen Jahr hatte NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) mit zusätzlicher Neuverschuldung in einem Nachtragshaushalt auf sinkende Steuereinnahmen reagiert. Die Grünen sind gegen noch mehr neue Schulden. „Mit diesem Schuldenstand gehen wir in Nordrhein-Westfalen keinen guten Weg. Das muss aufhören“, so die grüne Finanzexpertin Müller. Die Neuverschuldung solle zurückgeführt werden. „Wir müssen zurückkommen zu verfassungsmäßigen Haushalten.“ Für den Doppeletat 2004/05 hatte Rot-Grün bereits die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts für dieses Jahr feststellen müssen.

Vergangene Woche hatte CDU-Finanzpolitiker Helmut Diegel Rot-Grün zu einem „schonungslosen Kassensturz“ aufgefordert. Die Landesregierung habe im Doppelhaushalt zu hohe Steuereinnahmen angesetzt. Allein in diesem Jahr fehlten dem Land wegen des geringen Wirtschaftswachstums rund 1,2 Milliarden Euro bei den Steuereinnahmen, so Diegel. Das Finanzministerium dementierte die Zahlen und will die Ergebnisse der Steuerschätzung abwarten. Auch SPD-Finanzexpertin Walsken glaubt nicht an die Zahlen der Opposition. „Wie wir reagieren, hängt von der Größe des Steuerausfalls ab“, schließt Walsken einen Nachtragshaushalt nicht aus.

Der so genannte „Arbeitskreis Steuerschätzungen“ tritt ab heute bis Donnerstag zusammen. Die Experten von Bund und Ländern, Forschungsinstituten, Wirtschaftsweisen, kommunalen Spitzenverbänden, Bundesbank und Statistischem Bundesamt prognostizieren zwei Mal im Jahr die Steuereinnahmen für die öffentliche Hand. Jeweils im Mai steht die „große Steuerschätzung“ an. MARTIN TEIGELER