Hartz straft Frauen in Not

Expertinnen fordern im Zusammenhang mit den Arbeitsmarktreformen mehr Schonfrist für Frauen in Notsituationen. NRW-FDP will staatlich verordneten Erziehungsurlaub für Väter einführen

VON NATALIE WIESMANN

Frauen werden die großen Verliererinnen der Arbeitsmarktreform sein, befürchtet der NRW-Arbeitskreis „Frauen in Not“, in dem unter anderem Wohlfahrtsverbände, kommunale Gleichstellungsbeauftragte und die Grüne Landtagsfraktion vertreten sind. Frauen in Notsituationen – wie in Scheidung lebende Alleinerziehende oder von Gewalt betroffene Frauen – würden durch die bevorstehende Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (Hartz IV-Gesetz) hart getroffen, klagt der Arbeitskreis. Er fordert, bei der Umsetzung Einzelfälle mehr zu berücksichtigen.

Nicht einmal die Ausführenden würden die neuen Gesetze wirklich gänzlich überblicken, weiß Christine Weinbörner, Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten. „Es muss im nächsten Jahr Übergangsregelungen geben“, fordert sie. Es könne nicht sein, dass Frauen in Not im Januar 2005 erst einmal ohne Geld dastünden. Die Arbeitsagenturen, denen diese Frauen nun zugeteilt würden, hätten zudem überhaupt keine Erfahrung im Umgang mit dieser „schwierigen“ Klientel.

Denn Frauen in Notsituationen beziehen heute noch Sozialhilfe. Ab 2005 werden die meisten von ihnen als erwerbsfähig eingestuft und gezwungen, zu arbeiten, egal in welcher Situation sie sich befinden, sagt Marianne Hürten, frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Es gibt keine Schonfrist mehr“, beklagt sie.

Auch für Berufswiedereinsteigerinnen wird die Lage durch Hartz verschärft. „Frauen bezahlen bereits heute das Kinderkriegen mit Dequalifizierung,“ sagt Hürten. Und durch die Reform würden Frauen verstärkt in Minijobs und andere Hilfstätigkeiten gedrängt. „Ich rate dringend davon ab, mit einem Mann zusammen zu ziehen“, fügt Gleichstellungsbeauftragte Weinbörner hinzu. Durch die stärkere Einberechnung des Partnereinkommens fielen massenhaft Frauen aus dem neuen Arbeitslosengeld II ganz heraus. „Dann haben sie auch kein Anrecht mehr auf eine Umschulung.“

„Frauen sind keine zu schützende Minderheit“, meint dagegen Ute Dreckmann, sozialpolitische Sprecherin der FDP und Ex-Landesvorsitzende der liberalen Frauen. Das habe sich ihre Partei zum Grundsatz gemacht. Frauen würden durch die Arbeitsmarktreform nicht in ihrer Eigenschaft als Frau benachteiligt, sie ließen sich zu leicht in die Rolle der Kindererzieherin hineindrängen, meint Dreckmann. Und wenn Männer nicht freiwillig auf die Kinder aufpassen wollen, ist die FDP-Frau bereit, unliberale Methoden zu fordern: „Die Männer sollten gesetzlich gezwungen werden, die Hälfte des Erziehungsurlaubs zu nehmen.“