Kessel wird nachverhandelt

Betroffene des Dortmunder Polizeikessels wollen auf Schadensersatz klagen. Sie warten nach der Erklärung von Innenminister Behrens auf eine Entschuldigung für das stundenlange Festhalten

VON ANNIKA JOERES

Die Erklärung des Innenministers zum Dortmunder Polizeikessel hat die DemonstrantInnen nicht besänftigen können: Einige von ihnen wollen vor dem Dortmunder Landesgericht auf Entschädigung klagen. „Sieben Stunden in der Kälte stehen, dann gefesselt und abgeführt zu werden – das reicht für eine Schadensersatzklage“, sagt der Schwerter Anwalt Rainer Budde.

Im Oktober und Dezember 2000 waren hunderte DemonstrantInnen auf der Protest-Veranstaltung gegen einen Neonaziaufmarsch von der Polizei eingekesselt und über viele Stunden in Gewahrsam genommen worden. Im Februar diesen Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht Gelsenkirchen den Kessel für rechtswidrig erklärt. Es habe keine Gewalttaten der DemonstrantInnen gegeben, die den Polizeieinsatz rechtfertigen könnten, erklärten die RichterInnen. Am vergangenen Donnerstag hatte Innenminister Fritz Behrens (SPD) das Urteil bestätigt, sich aber nicht für die Kessel-Aktion entschuldigt.

Budde hatte schon im Februar die Dortmunder Polizei aufgefordert, Schadensersatz zu zahlen. Die Rechtsanwälte des Polizeipräsidenten lehnten diese Forderung ab, denn die Eingekesselten seien in ihrer körperlichen Unversehrtheit „nicht beeinträchtigt gewesen.“

Jetzt rechnet Budde bei einer erfolgreichen Klage mit einem geringen Schadensersatz. Bei früheren Prozessen von Eingekesselten in München und Hamburg hätten die Betroffenen nur etwa 200 Mark erhalten, so der Anwalt. Sollten die KlägerInnen Erfolg haben, muss das Land zahlen. Im Innenministerium sieht man die mögliche Klage dennoch gelassen. „Es handelt sich nur um kleine Summen“, sagt Sprecher Ulrich Rungwerth. Die ganze Aktion sei polizeitaktisch in Ordnung gewesen, nur rechtlich eben nicht.

Der Münsteraner Anwalt Wilhelm Achelpöhler kritisiert die Erklärungen des Innenministers. „Der Rechtsbruch wird geschönt“, sagt Achelpöhler, es sei eindeutig, dass die Versammlungsfreiheit nicht gewährt worden sei. Seine MandantInnen wollen trotzdem keinen Schadensersatz einklagen, der Aufwand sei zu hoch, sagt Achelpöhler. Sie seien vom Gericht ja bereits rehabilitiert worden.

Heinz Schröder von der „Notgemeinschaft der Dortmunder Polizeikessel Betroffenen“ sieht das ähnlich. „Wir haben es geschafft, die Polizei zu einem kooperativeren Vorgehen zu bewegen“, sagt Schröder. Das beweise die Demonstration vom vergangenen Samstag gegen den Neo-Naziladen „Buy-or-die“ in Dortmund: Die Polizei sei freundlich gewesen. Die Erklärung von Fritz Behrens sieht die Notgemeinschaft allerdings weniger positiv: „Er hat jegliche Kritik an der Polizeiaktion ausgelassen“, sagt Schröder. „Wir wollen eine Entschuldigung.“

Darauf werden sie wohl vergeblich warten. „So etwas ist doch nur etwas für die Galerie“, sagt Sprecher Rungwerth.