Anti-Globalisierer

Entwicklungspolitischer Beirat fühlt sich vom Senat nicht mehr ernst genommen. Projekte wie Eine-Welt-Netzwerk kommen an die Kandarre

von PETER AHRENS

Die Ostsee liegt dem Senat am Herzen, die Wirtschaftsregion Fernost auch – Entwicklungspolitik dagegen scheint ihn nicht zu interessieren. Der Entwicklungspolitische Beirat des Senats, in dem sich unabhängige Fachleute für die Belange der armen Länder dieser Erde gegenüber der hamburgischen Politik stark machen, fühlt sich seit dem Regierungswechsel nicht mehr ernst genommen. So möchte der zuständige Staatsrat Reinhard Stuth (CDU) die Förderung entwicklungspolitischer Projekte künftig stärker kontrollieren. Der Beiratsvorsitzende und frühere SPD-Finanzsenator Horst Gobrecht vermutet dahinter, dass der Senat damit „künftig rein parteipolitisch über möglicherweise nicht genehme Projekte entscheiden will“.

Stuth will Projekte wie das Eine-Welt-Netzwerk nicht mehr grundsätzlich finanziell unterstützen lassen, sondern jedes einzelne Projekt einer Begutachtung unterziehen, bevor dann Fall für Fall eine Förderung genehmigt wird oder nicht. Aus Sicht des Beirates ensteht dadurch für die Projekte ein enormer zusätzlicher Aufwand, der kaum zu leisten sei: Die eigentliche entwicklungspolitische Arbeit leide darunter zwangsläufig.

Alle Mitglieder des Beirates, auch diejenigen, die von Schwarz-Schill in das Gremium berufen wurden, haben in einem Brief an Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ihre Sorge darüber ausgedrückt. Eine Antwort des Senats auf den vor einem Monat abgeschickten Brief hat es bislang nicht gegeben.

Abgelehnt wird vom Beirat auch der Plan des Senats, künftig nur noch Förderungen ab der Summe von 1000 Euro zu genehmigen. „Gerade die Hilfen für die kleinen Initiativen, die manchmal nur 100 oder 200 Euro Zuwendung haben wollen, stehen dadurch im Abseits“, sagt Gobrecht.

All das stelle einen „Rückschritt in die Entwicklungshilfe der 60er und 70er Jahre“ dar, sagt Gobrechts Stellvertreterin Christa-Berta Kimmich. Niemand im Beirat habe etwas dagegen einzuwenden, dass die Zusammenarbeit mit dem Ostseeraum forciert werde, „doch dies auf Kosten der Ärmsten der Armen in den südlichen Ländern dieser Welt zu tun, ist für uns nicht nachvollziehbar“, macht Gobrecht deutlich.

In dem Beirat sitzen unter anderem die langjährigen NDR-Auslandskorrespondenten Rolf Seelmann-Eggebert und Navina Sundaram, der Präsident des Weltwirtschaftsarchivs, Thomas Straubhaar, der Direktor der Dresdner Bank, Klaus-Jürgen Heinemann und der Leiter des Orient-Instutes, Udo Steinbach. Noch im Februar vergangenen Jahres hatte von Beust zu der Berufung Steinbachs, Heinemanns und Straubhaars in das Gremium festgestellt: „Angesichts der immer stärkeren Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisierung empfiehlt es sich, den Sachverstand des Beirats durch weiteres Expertenwissen und Praxiserfahrung aus den Bereichen Weltwirtschaft und Finanzbeziehungen zu stärken.“

Dieser Sachverstand und die Praxiserfahrung scheint den Senat jedoch jetzt nicht mehr zu interessieren.