EU legt Rettungsplan für WTO-Runde vor

Eine Einigung bei den Doha-Gesprächen ist in Sicht, die EU gibt in einigen Bereichen nach: Denn ein Investitionsabkommen ist vom Tisch, und die Exportsubventionen im Agrarbereich sollen fallen. Die einzige Bedingung: Alle müssen mitmachen

VON NIKOLAI FICHTNER

Es kommt wieder Bewegung in die Verhandlungen um die Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO). Gestern hat die EU-Kommission einen neuen Vorschlag präsentiert. In einem Brief an die 148 WTO-Mitgliedstaaten bot sie an, die Exportsubventionen im Agrarbereich abzuschaffen. Außerdem zeigte sie Flexibilität bei ihren Forderungen nach neuen Handelsregeln, den so genannten Singapur-Themen.

Beim WTO-Ministertreffen im vergangenen September in Cancun waren die Verhandlungen auch an der harten Haltung der EU gescheitert. Kompromisse im Agrarbereich waren seitdem nicht möglich. Wichtigster Streitpunkt ist die Frage der Exportsubventionen in den Industrieländern. Entwicklungsländer fordern deren vollständige Abschaffung. Die EU hatte bislang nur angeboten, diese für besonders „bedeutsame“ Produkte zu beseitigen. Was damit gemeint war, war jedoch nicht nur den Entwicklungsländern unklar.

Das neue Angebot kommt ihnen nun entgegen. Der Haken: Es gilt nur, wenn auch alle anderen Industrieländer ihre Exportförderung aufgeben. Vor allem die USA, Australien und Kanada fördern ihre Agrarexporte in ähnlichem Maßstab.

Exportsubventionen waren die Antwort der EU auf die „Butterberge“ in der Vergangenheit. Produktionsüberschüsse sollten nicht länger vernichtet, sondern auf dem Weltmarkt verkauft werden. Um dort konkurrenzfähig zu sein, drückt die EU mit Subventionen den Preis. Dafür gibt sie pro Jahr etwa 2,8 Millarden Euro aus, am meisten für Zucker, Fleisch und Milchprodukte. Die Folge: Künstlich verbilligte europäische Agrarerzeugnisse konkurrieren mit den Produkten der Entwicklungsländer auch auf deren eigenen Märkten. Das bedroht die bäuerlichen Strukturen in armen Ländern.

Pia Eberhardt vom Agrarnetz der globalisierungskritischen Organisation Attac begrüßt das Angebot als „Schritt in die richtige Richtung“, bleibt aber skeptisch. „Entwicklungsländer brauchen eine sofortige Abschaffung ohne lange Übergangsfristen, damit ihre Bauern wirtschaftlich überleben.“

Auch bei den so genannten Singapur-Themen zeigt die EU Kompromissbereitschaft. Verhandlungen zu Investitionen und Wettbewerb, die in Cancun auf starken Widerstand getroffen waren, sind für die EU inzwischen vom Tisch. Auch beim Streit über eine Regelung des öffentlichen Beschaffungswesens zeigt sich die Kommission flexibel. Schließlich bietet die EU an, die Gruppe der ärmsten WTO-Mitgliedsländer, die so genannten G 90, zu bevorzugen. Diese sollten nicht länger gezwungen werden, ihre Märkte zu öffnen, sondern umgekehrt verbesserten Zugang zu den Märkten der reichen Länder bekommen.

Das Angebot könnte das diese Woche in Paris stattfindende Handelsministertreffen der OECD positiv beeinflussen. Von dem Treffen werden neue Impulse für die WTO-Runde erwartet. Sollten die anderen Industrieländer jetzt nachziehen, könnte eine Einigung schnell erzielt werden. Im Sommer soll ein erstes Rahmenabkommen stehen.