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: Zweifel müssen erlaubt sein

Für den Senatssprecher, die Stimme des Regierenden Bürgermeisters, ist die Sache klar: Wer Zweifel am Zeitplan hat und sie ausspricht, gefährdet das Projekt Fusion. Ist es also nicht nur naiv, sondern sogar gefährlich, wenn Ausschusschef Augstin mit Bedenken nicht zurückhält? Nein. Für einen PR-Strategen muss es zwar ein GAU sein, festgezurrte Dinge in Frage zu stellen. Für einen, der mit offenen Augen durchs Land geht, ist es hingegen ein ehrlicher Zug.

Kommentarvon STEFAN ALBERTI

Denn Zweifel müssen erlaubt sein. Bei der Volksabstimmung 1996 lehnten in Brandenburg zwei von drei Stimmen eine Fusion ab – und Schulden waren damals, wenn überhaupt, ein Randthema. Heute sind sie das Thema schlechthin. Dabei ist die damals ausschlaggebende Angst vor einer Berliner Dominanz weiter aktuell und ein Fakt: Aus Brandenburg kämen in einem gemeinsamen Parlament rein zahlenmäßig nur zwei von fünf Abgeordneten.

Diese Ängste sind Frankfurtern oder Neubrandenburgern kaum zu verübeln, gerade aus Ex-DDR-Sicht: Berlin, genauer Ostberlin, das war doch schon immer der Ort, wo die Bananen hingingen, die es anderswo nicht gab.

Die jüngsten Umfrageergebnisse, die eine Fusion in Brandenburg nach einem Zwischenhoch wieder fraglich machen, lassen sich nicht als Ausdruck allgemein schlechter Stimmung abtun. Eine solche Haltung ändert sich nicht von einem Monat auf den anderen, vielleicht noch nicht einmal binnen einem Jahr. Der Finanzsenator räumt zu Recht ein, dass die Zeit knapp wird, auf Brandenburger Befürchtungen eine überzeugende Antwort zu geben.

Dass der Senat sie findet, ist äußerst fraglich. Schon für Berlin schafft es Rot-Rot nicht, den gegenwärtigen Sparkurs mit einer Vision zu unterlegen. Wie soll es dann erst klappen, eine Idee zu finden, die eine Mehrheit in beiden Ländern für einen Zusammenschluss begeistert? Da nur von Zweifeln zu sprechen, ist fast noch eine Beschönigung.