o / himmels blau

Zum fünften Mal versammeln sich fragile Dichterseelen zu „poetry on the road“: Festival der Wort-Performances

„Bin ein Mann ohne Manko, aber voll loll und lall. / Ein Poet will dein sein. Sag nicht nein und / schenk dir ein Einschenken von reinem Wein, in den ich rein wein.“

So wie Bastian Böttcher für sich und die Lyrik wirbt, könnte er auch zum 5. Festival poetry on the road einladen. Denn so soll die Poesie grooven: Wortspielerisches Slang-Geschnodder mäandert auf stoischen Beats im 4/4-Takt des Raps. Gedichte im Sound der Zeit als Live-Performance. Das mögen die Veranstalter, Radio und Hochschule Bremen sowie der Goethebund. Damit soll das junge, weltläufig neugierige Publikum angesprochen werden. Böttcher ist Lokalmatador der 20 poetry-Teilnehmer aus 15 Ländern – als Poetry-Slammer im Lagerhaus bekannt, als HipHop-Held bei „Zentrifugal“ berühmt geworden.

Während andere fragile Seelen, in sich gekehrt, Mikrofone beflüstern und damit die alteingesessene Gemeinde edler Versschmiedekunst beglücken werden. Etwa der schon mehrmals für den Literaturnobelpreis nominierte Gennadij Ajgi, der in Tschuwaschisch dichtet und Worte als Antennen metaphysischen Rauschens nutzt. Das „Auftauchen einer Kirche“ klingt – übersetzt – dann nach „o / himmels blau“ und „feld – ein silberfädchen – feld“. Mit „viel des goldes“ geht es „durch die festigkeit der helle / empor“.

Der Bremer HipHopper, Jahrgang 1974, mit seinen „Anbagga“-Rhymes und der sowjetrussische Wortearchitekt, Jahrgang 1934, mit seinem spirituellen Reduktionismus stehen als Widerspruch für das Konzept des poetry-Festivals. Zwischen traditionell und experimentell, laut und leise soll eine möglichst große Bandbreite lyrischen Schaffens repräsentiert werden. Organisatorin und Moderatorin Silke Behl: „Diese Mischung sorgt für die Spannung, und die sorgt für den Zusammenhalt des Programms.“

Fehlen darf natürlich nicht die Crossover-Mode. Bremens Literaturförderpreisträgerin Brigitte Oleschinski lässt ihre Gedichte von Indonesiern vertanzen. Wer keine Zeit hat, alle zehn Veranstaltungen vom 14. bis 21. Mai zu besuchen, kann die Lesungen als Bilder erleben. Mit dem Computerprogramm VisualPoetry 3.0 wird jedes Wort durch eine Fläche im virtuellen Raum dargestellt, wobei Umriss und Neigungswinkel der Fläche direkt durch die Verteilung der Buchstaben im Wort bestimmt wird. Poesie als 2-D-Kristallstruktur. fis

Visualisierung und Programm unter www.poetry-on-the-road.com