Kompromiss, den ich nicht liebe

Rundfunkrat von Radio Bremen stimmt Umzug ins Faulenquartier zu, wie mit Senat ausgehandelt: Sender vermietet 60 Prozent seiner Immobilie, Stadt trägt das Vermieterrisiko – irgendwie

Bremen taz ■ Mit 28 gegen zwei Stimmen hat der Rundfunkrat von Radio Bremen am Montagabend das mit dem Senat verhandelte Konzept für einen Umzug des Senders in das Faulenquartier beschlossen. Der CDU-Vorsitzende Bernd Neumann, Mitglied in dem Aufsichtsgremium, hatte sich vorher ausdrücklich dafür ausgesprochen, dem Intendanten und dem Verwaltungsrat zu vertrauen und den erzielten Kompromiss abzusegnen, auch wenn nicht alle Details den Mitgliedern des Rundfunkrates nachvollziehbar mitgeteilt würden. Auch er habe ein „unwohles Gefühl“ dabei, bekannte Neumann, aber: „Ich verlasse mich auf das Gremium, ich verlasse mich auf die Leitung des Hauses.“

So soll nun Radio Bremen als Allein-Investor an der Schlachte auf dem Grundstück des Parkhauses Diepenau einen Neubau errichten, darf 60 Prozent der gebauten Bruttogeschossfläche aber nicht selbst nutzen, sondern muss diese an Dienstleistungsunternehmen vermieten. Der Verwaltungsrat, berichtete dessen Vorsitzender, Thomas von der Vring (SPD), habe es jedoch abgelehnt, dass Radio Bremen das Vermieterrisiko dieser Immobilie tragen solle. Unmittelbar vor der Rundfunksratssitzung sei daher in Verhandlungen mit einem „Entscheiderkreis“ im Rathaus die schriftliche Zusage erreicht worden, dass die Stadt dieses Vermietungs-Risiko trägt. In welcher Form das vorstellbar ist, sei nicht festgelegt worden, erklärte Senatssprecher Klaus Schloesser. Das Risiko, dass Büroetagen in dieser Lage an der Schlachte nicht vermietbar seien, würden Fachleute für verschwindend gering halten.

Wenn ihm im Rathaus versichert werde, dass daraus „keine Kosten entstehen, dann stelle ich nicht die Frage, wer die Kosten trägt“, erklärte von der Vring seinerseits den Stil der letzten Verhandlung mit dem Chef der Senatskanzlei. Es wäre natürlich „schöner gewesen, wenn wir uns nicht mit der Politik auseinandersetzen müssten. Aber wir waren gezwungen, uns in die Kommunalpolitik zu begeben.“ Das ohne Not zu tun würde er „niemanden empfehlen“, meinte von der Vring trocken.

Eine Alternative für Radio Bremen gibt es für den Verwaltungsratsvorsitzenden nicht. Ein Neubau auf „der grünen Wiese“ käme am Ende teurer als Abriss, Umbau und Neubau im Faulenquartier, erklärte er. Die Details dieser Rechnung wollte von der Vring „in öffentlicher Sitzung“ dem Rundfunkrat nicht erläutern.

Radio Bremen sei eben „in vielfacher Weise von anderen abhängig“, begründete Intendant Heinz Glässgen seinen Kompromiss mit dem Bausenator, insbesondere von denen, „die uns ein Grundstück verkaufen und die das Planungsrecht ändern“. Es sei ein „Kompromiss, den ich auch nicht liebe“, bekannte Glässgen, er hätte es lieber gesehen, „dass wir dort einziehen, wo wir bauen“. Aber die Stadt hatte bekanntlich das Ziel, mit Radio Bremen das Ende der Faulenstraße städtebaulich neu zu beleben, deshalb hat der Bausenator darauf insistiert, dass der Sender sogar 1.000 Quadratmeter im Bamberger-Haus auf der anderen Seite der Faulenstraße mietet (taz vom 30.4.). „Ich habe es nicht besser hingekriegt“, formulierte Glässgen, zur Zeit sei „keine bessere Lösung erreichbar.“ Und bis zum Jahre 2006 müsse der Sender die Betriebskosten drastisch reduzieren – durch die Zusammenlegung der beiden Standorte und die neue Technik. Anders sei der Sender aufgrund der sinkenden Ausgleichszahlungen der anderen ARD-Anstalten nicht überlebensfähig.

Am Ende verweigerte neben dem früheren Radio-Bremen-Abteilungsleiter Klaus Bernbacher („Ich verlasse mich überhaupt nicht auf den Vorsitzenden und den Verwaltungsrat“) nur noch ein anderes Rundfunkratsmitglied dem Verhandlungsergebnis seine Zustimmung.

Klaus Wolschner