Das Bankenunwesen

Die Deutsche Bank will die Postbank schlucken. Und wir Postbank-Kunden sollen jetzt etwa bald zur Deutschen Bank gehören? Naja, vielleicht funktionieren dann künftig wenigstens die Geldautomaten

VON HELMUT HÖGE

Die Fusion der Pharmariesen Sanofi und Aventis, mit der die Hoechst AG wieder das werden will, was sie auch schon mal als IG Farben war – nämlich eine Holding zum unfreundlichen An- und Verkauf von Chemie- bzw. Pharmafirmen –, haben wir ja noch hingenommen: An unserem Misstrauen gegenüber deren Produkte änderte sich dadurch nichts.

Aber dass jetzt die Deutsche Bank unsere Postbank schlucken will – das geht zu weit! Wir waren doch – am Weltspartag! – gerade bei diesem gemütlichen, manche sagen auch: verschlafenen Staatsunternehmen Kunde geworden, weil es kein Global Player zu werden versprach, sondern höchstens beteuerte, mehr Kundennähe zu suchen – woran allerdings kein Mensch glaubte.

Als man dann auch noch die Post bei ihrer Privatisierung in Telekom, Postbank und Post AG zerschlug und die Schalterbeamten plötzlich hin und her geschoben wurden sowie im Stehen und in albernen Designeruniformen arbeiten mussten, da war es geradezu Ehrensache, sich in die ebenfalls neu eingeführte Zentralschlange mit Diskretionsabstand einzureihen. Auch wenn die Postbankchefs mit immer neuem Firlefanz wie Aktien, Immobilien und Powerfonds ankamen und dann Geldautomaten aufstellten, die einfach minderwertig waren – und viel zu wenig, vor allem in den ärmeren Vierteln, sodass sich insbesondere vor Ultimo ganze Kundenhorden bildeten, die gemeinsam von Automat zu Automat durch die Bezirke pilgerten – immer auf der Suche nach Bargeld. In manchen Nächten schworen sich diese nocturnen Elendskarawanen, die Post zu zwingen, wie die Apotheken an ihren Filialen anzuzeigen, welcher ihrer Automaten an welchem Tag dienstbereit sei. Wenn aber diese Schrottgeräte wieder und wieder bloß stur verkündeten: „Der Computer kann z. Zt. Ihre Karte nicht bearbeiten, bitte versuchen Sie es später noch einmal!“, dann fragten sich viele in dieser subproletarischen Bankeninitiative – mutlos geworden –, ob sie nicht doch mit einem Konto bei der Sparkasse besser dran wären – die immerhin noch nicht privatisiert war.

Stattdessen geriet sie dann jedoch unter die Holding der verbrecherischen Bankgesellschaft Berlin: Und dabei wurde auch dort aus dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, die kleinen Leute zum Sparen zu ermuntern, ein haltloses Geldumsatzunternehmen, das Saufreundlichkeit, Stehpulte, Empfangsmanager und Homebanking einführte, ohne Sinn und Verstand irgendwelche Investmentsfonds, Bausparverträge und Aktien (darunter die der eigenen Firma) anpries – und dafür das Führen der Girokonten einfach nur noch lästig fand.

Dann wusste die ehemalige Sparkassenangestellte Ramona der Horde vor einem nichtfunktionierenden Postbank-Automaten auch noch zu berichten: „Einmal kam ein Kunde, der sein Konto auflösen wollte. Als ich ihn nach dem Grund fragte, sagte er: ‚Sie kennen doch die Sparkassen-Reklame, in der ein Discjockey eine Platte auflegt? Darunter steht: Würden Sie ihm etwa Ihre Kreditkarte geben? Wir schon! Dieser Typ, das bin ich‘. Trotzdem hatte man ihm nie eine Karte gegeben.“ Das war ein dickes Ei! Ramona fuhr fort: „Auch als Bankerin hatte man es bei der Sparkasse nicht leicht: Es gab einfach nichts zu tun. Manchmal stürzten sich vier Kolleginnen auf einen Kunden, der nur eine Überweisung abgeben wollte. Nachdem ich gekündigt hatte, brauchte ich ein ganzes Jahr Arbeitslosigkeit, um nach 2.500 Sparkassentagen wieder richtig durchatmen zu können.“

Alles schaute sich betroffen an: Also müssen wir wohl doch bei der Postbank bleiben! – Und können nur hoffen, dass es nach ihrer Fusion mit der Deutschen Bank schon nicht so schlimm werden wird. Was bleibt uns auch anderes übrig? Ein Konto und eine EC-Karte braucht man heutzutage genauso wie die Luft zum Atmen, es ist sozusagen die Minimalausrüstung für das moderne Leben. Und die von der Postbank ist noch sehr anspruchslos: Die meisten von uns können ihr Konto nicht überziehen und schon gar nicht damit im Internet z. B. Flüge buchen oder sonstwie große Sprünge machen. Ja, selbst bei den wiederkehrenden Zusammenbrüchen des Postbank-Zentralcomputers bzw. der Automatentechnik sind die meisten Kunden schon so verunsichert, dass sie wie geprügelte Hunde aus der Filiale schleichen. „Das kann doch nicht wahr sein“, ruft der eine oder andere verzweifelt. Und will damit sagen: „Ich hab doch genug Geld auf dem Konto!“ – Ist aber schon verunsichert: „Vielleicht gab es eine Kontenpfändung oder sie haben mich als Kunde einfach gelöscht …“