Grausige Trophäen eines Anschlags

Sprengsatz tötet sechs israelische Soldaten in Gaza. Hamas-Kämpfer präsentieren verbrannte Leichen- und Autoteile der Öffentlichkeit. Israels Armee erschießt sieben Palästinenser in Gaza-Stadt. Exverteidigungsminister kritisiert Militäroperation

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Sechs israelische Soldaten wurden getötet, als sie in ihrem mit rund 100 Kilogramm Sprengstoff beladenen Truppentransporter über einen ferngezündeten Sprengsatz fuhren. Die doppelte Explosion ereignete sich gestern früh gegen Ende einer Militäroperation in der Stadt Gaza. Die verbrannten Auto- und Leichenteile wurden von der Wucht der Explosionen hunderte Meter weit geschleudert. Maskierte Hamas-Kämpfer sammelten die grausigen Trophäen der Operation ein, für die die islamischen Extremisten mit den Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden die Verantwortung übernahmen, und präsentierten sie ihren Anhängern sowie Passanten.

Den ganzen Tag nahm die Bergung der Leichenteile in Anspruch. Soldaten suchten im Umkreis von 300 Metern auf Müllhalden, Balkonen und in Häusern. Provisorisch errichteten Bulldozer Schutzwälle aus Geröll. Hubschrauber sicherten die Gegend aus der Luft ab.

Im Verlauf der gegen Mitternacht beginnenden Operation wurden sieben Palästinenser erschossen, darunter ein führender Hamas-Aktivist. Rund 70 Menschen wurden verletzt. Berichten zufolge handelte es sich um das größte Truppenaufgebot seit eineinhalb Jahren, mit dem die israelische Armee ins Zentrum Gazas vordrang.

Die Operation galt der „Zerstörung der terroristischen Infrastruktur“, so ein Armeesprecher, und vor allem der Sprengung von Werkstätten, in denen Kassem-Raketen hergestellt werden. Armeeangaben zufolge sei für die Invasion anstelle von Luftangriffen entschieden worden, um Unbeteiligte zu schonen.

Verteidigungsminister Schaul Mofaz brach seine Reise nach Polen ab und wollte noch vor der für gestern Abend angesetzten Beratung des Außen- und Sicherheitskabinetts mit den Vertretern der Sicherheitsdienste zusammenkommen. Premier Ariel Scharon setzte die Gespräche mit den Ministern über einen veränderten Abzugsplan aus dem Gaza-Streifen aus. Nach Ansicht von Exverteidigungsminister Benjamin Ben-Eliesar (Arbeitspartei) habe „Israel im Gaza-Streifen nichts zu suchen“. Eskalation provoziere weitere Eskalation. Ein Abzug könne helfen, die Situation zu entspannen.

Die militanten palästinensischen Widerstandsgruppen im Gaza-Streifen konzentrieren ihren Kampf derzeit auf das palästinensische Gebiet. Bis auf eine Ausnahme gelang es in den vergangenen vier Jahren keinem Selbstmordattentäter, sich den Weg aus dem hermetisch abgeriegelten Landstreifen nach Israel zu bahnen. Die Hamas hatte nach den Exekutionen ihres Gründers Scheich Ahmed Jassin Ende März und seines Nachfolgers Abdel Asis Rantisi im April mit „furchtbaren Vergeltungsaktionen“ gedroht. Innerhalb der palästinensischen Widerstandsgruppen wurde wiederholt diskutiert, den Kampf auf die besetzten Gebiete zu beschränken. Die islamischen Extremisten lehnten das mit der Begründung ab, dass auch Israel besetztes palästinensisches Land sei.