Soldaten-Handbuch versus Aznar

Spaniens Militärgeheimdienst ist bei Massenvernichtungswaffen Iraks zurückhaltend

MADRID taz ■ Nicht nur George W. Bush und Tony Blair haben gelogen, als es um die Waffenarsenale des Irak ging. Auch der spanische Regierungschef José María Aznar bekräftigte vor dem Parlament entgegen besseres Wissen: „Sie können sicher sein, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt.“ Eine Aussage, die so nicht einmal der eigene militärische Geheimdienst CNI stützt.

Das beweisen jetzt veröffentlichte Auszüge aus einem „Handbuch der grundlegenden Informationen über den Irak“, das den spanischen Soldaten mit auf den Weg an den Golf gegeben wurde. „Irak könnte in fünf bis zehn Jahren Atomwaffen haben“, heißt es dort. Verteidigungsminister Federico Trillo versuchte das Parlament immer wieder davon zu überzeugen, dass es bereits Ende dieses Jahres so weit hätte sein können. Auch in Sachen biologische und chemische Kampfstoffe ist das Handbuch wesentlich vorsichtiger als die Regierung: „Die Produktion chemischer Waffen könnte frühestens in ein paar Monaten und die für biologische Waffen in mehreren Wochen wieder aufgenommen werden.“ Darüber, ob der Irak über Restbestände verfügt, will sich der Generalstab, der für das Handbuch verantwortlich zeichnet, anders als Aznar nicht festlegen. „Theoretisch wurden diese Waffen von der UNO vernichtet. Dennoch könnte der Irak noch Waffenarsenale haben“, heißt es vorsichtig.

Die sozialistische Opposition will jetzt genauer wissen, was die Armee in ihren Archiven hat. „Aznar hat ganz offensichtlich gelogen. Die spanischen Geheimdienste bestätigten in keinem Augenblick die Existenz von Massenvernichtungswaffen oder Kontakten zwischen dem Regime in Bagdad und al-Qaida“, ist sich der Vorsitzende der sozialistischen PSOE, José Luis Rodríguez Zapatero, sicher. Er will bei der anstehenden Debatte zur Lage der Nation das Thema in den Mittelpunkt stellen. R.W.