Der Verteilungskampf beginnt

Die Drogenberatung in Bremen soll zum nächsten Jahr privatisiert werden. Jetzt liegt auch der Ausschreibungstext vor. Für die privaten Träger in der Drogenhilfe geht es ums Ganze

Bremen taz ■ Das Rennen um die bisher städtischen Drogenberatungszentren ist eröffnet: Heute wird den Politikern in der Gesundheitsdeputation der Ausschreibungstext für die Privatisierung zur Abstimmung vorgelegt. Anschließend werden die Träger der Bremer Drogen- und Suchtkrankenhilfe aufgefordert, sich um ein Stück des zu verteilenden Kuchens zu bewerben. Der besteht aus zwei Drogenhilfezentren (in Nord und Mitte) und der niedrigschwelligen Grundversorgung im Tivolihochhaus am Bahnhof. Bereits geschlossen ist die Drogenhilfe West, auch Drogenabhängige im Süden werden in Zukunft in der Stadtmitte Hilfe suchen müssen.

Weil alle anderen Drogenprojekte diesen drei Stellen zugeordnet werden sollen, geht es deren Trägergesellschaften und -vereine um nicht weniger als das Ganze. „Es wird keine anderen Träger mehr geben“, bestätigt Anton Bartling, Referent für Suchtkrankenhilfe bei der Senatorin für Gesundheit und Soziales. Wer leer ausgeht, müsse mit denen kooperieren, die den Zuschlag bekommen. Und sehen, dass die eigenen Leute, die bisher etwa in Methadon-Programmen für Frauen oder in der Streetwork arbeiten, vom „Neuen“ übernommen werden. „Und was passiert mit denen, die zu teuer sind, weil sie schon so lange beschäftigt sind?“, fragt Georg Kurz-Lund von der Hohehorst gGmbH. Er befürchtet, dass billige Zweitkräfte eingestellt werden, denn schließlich sollen die Privaten die Drogenhilfe kostengünstiger anbieten als derzeit die Stadt. Mit rund zwei Millionen Euro ist diese im Haushalt veranschlagt. Im Ausschreibungstext findet sich jedenfalls kein Hinweis auf die Qualifikation der zukünftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Dabei sah es ursprünglich gut aus für Hohehorst gGmbH, die sich gemeinsam mit zwei anderen Trägern bewerben wollte, um sich nicht gegenseitig zu unterbieten. Alle drei haben seit langem einen Schwerpunkt auf niedrigschwelliger Drogenhilfe, sind sozusagen Marktführer in Bremen und hatten gute Aussichten, die Ausschreibung zu gewinnen und sich jeweils ein Zentrum zu sichern.

Doch jetzt hat einer der drei Träger, der Verein Kommunale Drogenpolitik Bremen, Insolvenz angemeldet und die Karten werden neu gemischt. Schließlich sei ein Kriterium „wirtschaftliche Zuverlässigkeit“, sagt Drogenreferent Bartling. Ob die Kommunale Drogenpolitik sich jetzt noch beteiligen könne, sei zumindest mit einem Fragzeichen versehen. Für den Geschäftsführer des Vereins, Helmut Oppermann, kommt die Insolvenz nicht überraschend. „Wir haben immer weniger öffentliche Mittel bekommen und hatten gleichzeitig Gehaltssteigerungen.“ Die hätten sich nicht verhindern lassen, weil in einem Verein die Mitarbeiter selbst über ihr Einkommen entscheiden können. Oppermanns Fazit: „Ein Verein ist in diesen Zeiten die denkbar ungeeignetste Unternehmensform.“

Noch ungeeigneter findet die Behörde allerdings die Gehaltsstrukturen des öffentlichen Dienstes. Knapp 16 Stellen müssen aber auch nach der Privatisierung weiter bezahlt werden. Und falls ein Angestellter sich dagegen entscheidet, unter privater Trägerschaft zu arbeiten und um Versetzung bittet, muss dessen Gehalt doppelt gezahlt werden. „Ein Riesenproblem“, sagt Drogenreferent Bartling.

Eiken Bruhn