Die verschlungene Logik der USA in Kuba

Mit neuen Sanktionen gegen Kuba zielt George W. Bush auf Wählerstimmen aus Florida. Das könnte danebengehen

Zwischen Kuba und den USA verschärfen sich die Spannungen, und es ist fast unmöglich, nicht an das US-amerikanische Wahljahr als Begründung für das zu denken, was US-Präsident George W. Bush in der vergangenen Woche verkündete. Es gehe um „eine Strategie, dass wir nicht auf den Tag der kubanischen Freiheit warten, sondern für den Tag der Freiheit in Kuba arbeiten“, erklärte Bush und verkündete eine ganze Reihe von neuen Sanktionen: So soll der Kreis der Personen, die von exilkubanischen Verwandten Dollarüberweisungen bekommen können, weiter eingeschränkt werden, der indirekte Kuba-Tourismus aus den USA soll stärker kontrolliert werden. Und die in den USA lebenden Kubaner dürften ihre Verwandten in Kuba künftig nur noch einmal alle drei Jahre besuchen.

Außerdem kündigte Bush an, den Kongress um weitere 59 Millionen US-Dollar als Unterstützung der Opposition zu bitten, davon allein 18 Millionen Dollar zur Finanzierung des Anti-Castro-Senders „Radio Martí“, der seit Jahren von Florida aus Propaganda Richtung Kuba sendet.

Die kubanische Regierung reagierte genauso prompt wie die innerkubanische Opposition: Beide geißelten in seltener Einmütigkeit die Pläne aus Washington als unzulässige Einmischung. Die wichtigsten Führer der Opposition, die künftig 36 Millionen Dollar jährlich erhalten soll, verurteilten den Plan: Eloy Gutiérrez Menoyo etwa sagte, die Pläne beförderten keinesfalls den Aufbau der Demokratie in Kuba. Sein Kollege Oswaldo Payá sagte: „Wir akzeptieren nicht, dass irgendjemand von außen, sei es aus den USA, aus Europa oder sonst woher, den Versuch unternimmt, den kubanischen Übergangsprozess zu bestimmen oder sich gar selbst zum Akteur machen zu wollen. Es kommt den Kubanern zu, die Veränderungen vorzunehmen.“

Auch Kubas Regierung reagierte. Der Verkauf von Waren in den staatlichen Dollarläden wurde stark eingeschränkt, die Preise wurden erhöht. Lediglich die Verteilung der subventionierten Grundnahrungsmittel solle nicht betroffen sein, hieß es. Die Folgen: lange Schlangen und Hamsterkäufe in Havanna.

Die kubanische Regierung gibt den Druck an die eigene Bevölkerung weiter – um diese geht es aber auch den Planern in Washington nicht. Nie zuvor ist der Widerspruch zwischen den finanzstarken, aber schrumpfenden erzkonservativen Kreisen der Exilgemeinde in Florida und den Ansichten und Bedürfnissen der auf Kuba lebenden Dissidenz größer gewesen. Aber selbst unter den ExilkubanerInnen dürften die neuen Maßnahmen nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen – immerhin pflegen die meisten Kontakte zu ihren Verwandten auf Kuba und versuchen diese zu unterstützen, wie es nur geht. Die Zeiten, wo „Härte gegen Castro“ sich automatisch in Wählerstimmen aus Florida verwandelte, sind längst vorbei. Gut möglich, dass Bush auch hier wieder einmal auf die falschen Berater gehört hat.

BERND PICKERT