„Ich bin ein Berliner“

Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum beleuchtet das Leben von Kennedy. Sie bietet kaum neue Einblicke, dafür aber eine kluge Einordnung in die Weltgeschichte

Der Regierende Bürgermeister brachte es gestern Abend auf den Punkt, als er fragte, was den Menschen zu John F. Kennedy einfalle. Bei der Eröffnung der Hommage an den ehemaligen US-Präsidenten sprach Klaus Wowereit aus, was so vielen in den Sinn kommt, wenn sie an JFK denken: jugendlicher Held, Frauen, Konfettiregen und dieser eine Satz.

Egal ob sie das legendäre „Ish bin ein Bearleener“ miterlebt haben oder nicht – mit JFK verbinden die Menschen eben meist die schöne Jackie, die Zeit der Black-Power-Bewegung und viel Witz. Ob sich dieses Bild nach dem Gang durch die vier, fünf Räume des Deutschen Historischen Museums (DHM) ändert, ist jedoch fraglich. Der jüngste Präsident der USA wird den Menschen auch nach diese Ausstellung als ein Mann mit vielen Stärken, kleinen Fehlern und einem zu frühen Tod in Erinnerung bleiben.

Zu stark haben sich die Ausstellungsmacher an den offensichtlichen Leitbildern des Mythos Kennedy orientiert, als dass sich ein neues Persönlichkeitsprofil ergeben könnte. Da wird der Besucher am Taufkleidchen des kleinen John vorbeigeführt und lernt die junge Jackie kennen, die später die starke Frau an seiner Seite wird. Durch die Familiengeschichte und die Vorwahlen geht es, und ein ovaler Ausstellungsraum soll den Einzug ins Weiße Haus symbolisieren. Die Widerstände der Südstaatler gegen den liberalen und modernen Mann an der Spitze der Vereinigten Staaten werden aufgezeigt, schließlich die Umstände seiner Ermordung 1963.

Wer dabei war, damals vor 40 Jahren, als JFK acht Stunden ein Berliner war, dem wird im Pei-Bau des DHM vieles bekannt vorkommen. Die berühmten Worte vor dem Schöneberger Rathaus werden natürlich auf eine Leinwand projiziert, und auch der Mord in Dallas ist in zittriger, undeutlicher Slowmotion festgehalten. Die ältere Generation bekommt ihr Kennedy-Bild bestätigt, darf in Erinnerungen schwelgen und sich an vielen Lichtbildern und kleinen Devotionalien freuen.

Aber für die jüngeren Menschen, für die Kennedy ein noch viel größerer Mythos ist als für die damaligen Zeitzeugen, für diese Generation bietet die Ausstellung einen klugen Blick auf das Weltgeschehen. Für die Altersgruppe, die von JFK nicht viel mehr kennt als dieses „Ish bin ein Bearleener“ und die allenfalls noch weiß, dass Jackie später den reichen Onassis heiratete, für diese jungen Menschen ist die Ausstellung viel wert. Denn Kurator Andreas Etges geht den vielleicht notwendigen, auf jeden Fall aber aufschlussreichen Schritt weiter und wagt einen Blick auf die wichtigen Momente und Zusammenhänge der damaligen Weltgeschichte.

Da hängt eben auch die Bild-Schlagzeile zum Mauerbau: „Der Westen tut nichts, Präsident Kennedy schweigt“. Anhan des ausgestellten Briefwechsels zwischen dem damaligen Regierenden Willy Brandt und Kennedy wird klar, welche Hoffnungen Westberlin in den jungen Präsidenten setzte. Der schaffte es zwar erst am 26. Juni 1963 nach Berlin und hatte zunächst seinen Vize Lyndon B. Johnson vorgeschickt. Aber die Ausstellung zeigt, dass Kennedy eben viel zu tun hatte in seiner kurzen Zeit: Gleichberechtigung, Peace Corps, Kubakrise und der Wettlauf mit den Russen um den ersten Mann im Mond standen schließlich auf der Tagesordnung. MAX HÄGLER