Stunde der Wahrheit

Vielleicht fünf, vielleicht niemand: Schleswig-Holsteins Grüne kämpfen am Sonnabend auf Parteitag um Listenplätze für die Landtagswahl

von wolfgang schmidt

Bei Schleswig-Holsteins Grünen schlägt an diesem Sonnabend die Stunde der Wahrheit: Sie stellen eine Woche nach der CDU bei einem Parteitag in Eckernförde ihre Liste zur Landtagswahl auf. „Das wird absolut spannend“, erwartet Landesvorstandssprecher Björn Pistol. Ein anderer Grüner formuliert es drastischer und sieht sich in einem „Haifischbecken“.

Auf den beiden Top-Rängen geht es nur um die Stimmenzahl und damit die innerparteiliche Akzeptanz der Spitzenkandidaten: Auf Platz 1 ist Justizministerin Anne Lütkes (55) ebenso unbestritten und ohne Gegenkandidatur wie Umweltminister Klaus Müller (33) auf 2. „Ab Platz 3 gibt es eine spannende Auseinandersetzung“ sagt die Landtagsabgeordnete und Ex-Ministerin Angelika Birk (49) voraus, die selbst im Rennen ist. Sie tritt gegen die in der Fraktion übergreifend akzeptierte Finanzexpertin Monika Heinold (45) an. Die Unterlegene von beiden dürfte auf Platz 5 erneut kandidieren, wo unter anderem Ex-Landesgeschäftsführerin Dagmar Hirdes (42) zum Zuge kommen will. Davor, auf Platz 4, bewirbt sich Fraktionschef Karl-Martin Hentschel (54) – zumindest bisher noch solo.

Bei der Aufstellung der Liste sind mehrere Konfliktschienen im Spiel: Zum einen ist da das Interesse, neue Köpfe statt der altgedienten „Regierungsgrünen“ in den Landtag zu hieven. Zum anderen wollen Kreisverbände, die bisher nicht mit eigenen Leuten präsent sind, diesmal zum Zuge kommen. Diese Gemengelage könnte sich besonders im Rennen um den noch aussichtsreichen Listenplatz 6 offenbaren. Hier will das grüne „Urgestein“ Detlef Matthiessen (49) seinen Parlamentsplatz unter anderem gegen den jungen Landesparteichef Björn Pistol (27) verteidigen. Aber auch der Sylter Andreas Tietze (42), der sich speziell in der Kinder- und Jugendpolitik profiliert hat, rechnet sich Chancen aus. Bei der Wahl 2000 hatte es für die Grünen mit 6,2 Prozent für fünf Mandate gereicht. Viel mehr werden es bei der Wahl am 20. Februar 2005 nicht werden – wenn überhaupt.

Der Ausgang des Listengerangels wird auch dadurch etwas ungewisser, dass beim Parteitag relativ viele neue Delegierte dabei sein werden. „Bei einer Kandidatur hatte ich schon einmal elf Mitbewerber“, sagt der Landtagsabgeordnete Matthiessen. Insgesamt 24 Namen stehen bisher auf der Bewerberliste, weitere könnten hinzukommen. „Wir haben eine ausgesprochen gute Kandidatenlage, weil wir viele gute Leute haben“, befindet die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Heinold.

Für Unruhe könnte in Eckernförde auch die Forderung an den Landesvorstand sorgen, noch einmal das Verfahren bei der ersten Urabstimmung in der Geschichte der Nord-Grünen zu erläutern. Dabei hatten die Mitglieder äußerst knapp entschieden, dass Abgeordnete und Landesvorstandsmitglieder künftig jederzeit erneut kandidieren dürfen. Bisher benötigten sie dafür nach zwei Amtsperioden eine Zweidrittelmehrheit auf einem Parteitag. Für den Wegfall der Sperrklausel, an der Parteichefin Angelika Beer vor der letzten Bundestagswahl gescheitert war, stimmten 322 Mitglieder und damit nur drei mehr als nötig.